Fernwärme spielt für die Wärmewende eine zentrale Rolle. Doch noch ist die Versorgungsart ziemlich umweltschädlich. Der Umweltverband WWF pocht auf Tempo bei den Kommunen.

Für den klimaneutralen Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland spielt Fernwärme eine wichtige Rolle. Mit ihr könnten insbesondere in dicht besiedelten Regionen zahlreiche Haushalte mit Wärme aus erneuerbaren Energiequellen beheizt werden – ohne dass in jedem einzelnen Haus eine eigene Wärmepumpe installiert werden müsste. Das Problem: Ein Großteil der Hitze, die derzeit über Fernwärmenetze transportiert wird, entsteht bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas.

80 Prozent der Fernwärme aus fossilen Energiequellen

Dabei wird Wasser oder Dampf an einzelnen Orten erhitzt und dann über ein Netzwerk aus Rohren zu verschiedenen angeschlossenen Gebäuden transportiert. „Die Wärmeversorgung über Wärmenetze basiert zu etwa 80 Prozent auf der Verbrennung fossiler Energieträger in Kraft- und Heizwerken“, heißt es in einer Analyse des Umweltverbands WWF. 

Demnach entstehen deshalb im Rahmen der Fernwärmeversorgung in Deutschland jährlich Emissionen von 39 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Zum Vergleich: Daten des Umweltbundesamts zufolge stand der gesamte Gebäudesektor im vergangenen Jahr für rund 102 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. 

„Fernwärme kann eine tragende Säule sein, um die Wärmeversorgung langfristig nachhaltig und emissionsfrei aufzustellen“, teilte die Klimachefin des WWF Deutschland, Viviane Raddatz, mit. „Dafür müssen die Netze aber dringend frei gemacht werden von den Energien aus schädlichen Quellen, die aktuell noch die Fernwärmeversorgung dominieren.“

Ostdeutsche Länder bei angeschlossenen Haushalten vorne

Mehr als 15 Prozent der Wohnungen in Deutschland wurden im vergangenen Jahr laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) auf diese Weise beheizt. Damit ist es nach Kohle und Gas die dritthäufigste Heizungsart hierzulande.

Das längste Fernwärmenetz betreibt der WWF-Analyse zufolge mit fast 5.000 Kilometern das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Im zweitplatzierten Bayern ist das Netz lediglich halb so lang. 

Beim Anteil der angeschlossenen Haushalte haben wiederum die ostdeutschen Bundesländer die Nase vorn. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sind jeweils mehr als ein Drittel der Haushalte ans Fernwärmenetz angeschlossen. Es folgen Hamburg, Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von jeweils um die 30 Prozent. 

„In einigen Bundesländern kann durch eine Dekarbonisierung der Fernwärme, also die Umstellung der Wärmequellen, ein beachtlicher Teil der Haushalte klimafreundlich heizen“, schreibt der WWF. Doch dafür müssten Länder und Kommunen die Energieerzeugung für diese Netze drastisch umstellen. 

Fokus muss auf Großwärmepumpen und Geothermie liegen

Die Verbrennung von Biomasse – also etwa Holz oder Pflanzen – und Abfall gilt aus Sicht des WWF dabei ebenso wenig als nachhaltige Alternative wie Wasserstoff. „Da die in Holz gespeicherte Energie geringer ist als in Kohle und Erdgas, muss wesentlich mehr Holz verbrannt werden, um dieselbe Energiemenge zu erzeugen.“ Das im Holz gespeicherte CO2 werde freigesetzt, schreibt der Verband. 

Beim Abfall wiederum werde schon jetzt zu viel produziert und zu viel verbrannt. Primär müsse dieser vermieden oder wiederaufbereitet werden. Erst in einem letzten Schritt käme er für die Wärmeerzeugung infrage. 

Und Wasserstoff? „Mittelfristig wird nicht genug klimaneutraler Wasserstoff produziert werden können“, schreibt der Verband. Auch langfristig werde er ein rares Gut bleiben, das vor allem zur Dekarbonisierung anderer Sektoren, etwa dem Flug- und Schiffsverkehr, benötigt werde.

Als wirklich klimaneutrale Energiequellen für die Netze zählen aus Sicht des WWF vor allem große Industriewärmepumpen, Geothermie oder die Abwärme von unvermeidbaren industriellen Prozessen.

Kommunen erstellen Wärmepläne

Die Städte und Gemeinden in Deutschland sind derzeit angehalten, in den kommenden Jahren ihre Pläne für den Umbau der regionalen Wärmeerzeugung auszuarbeiten. Kleinere Orte mit weniger als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern haben dafür bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Die größeren Städte müssen ihre Wärmeplanung schon zwei Jahre früher, also bis Mitte 2026, vorlegen.

Die kommunalen Wärmepläne gelten als wichtige Orientierung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn bei einem anstehenden Heizungswechsel hängt die Wahl der neuen Heizungsart auch von der Aussicht ab, künftig ans Fernwärmenetz angeschlossen zu sein, oder nicht. 

Nachfrage nach Wärmepumpen weiter rückläufig

Diese bisherige Planungsunsicherheit macht sich seit einiger Zeit etwa bei der Nachfrage nach individuellen Wärmepumpen bemerkbar. Der Bundesverband Wärmepumpe etwa erwartet für das kommende Jahr einen Absatz von rund 260.000 Geräten. Das wäre ein Marktrückgang von 45 Prozent im Vergleich zu diesem Jahr. „Vor allem die Ankündigungen zur kommunalen Wärmeplanung und die nicht ausreichende Bekanntheit der Förderprogramme sorgten für eine Kaufzurückhaltung“, teilte der Verband mit. 

Den Kommunen komme bei der Wärmeplanung deshalb eine große Verantwortung zu, betonte der WWF. Fernwärme habe das Potenzial, zur zentralen Säule einer klimaneutralen Wärmeversorgung zu werden. „Diese Chance gilt es zu nutzen.“

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) warnte hingegen vor „Panikmache“. Die Energieversorger investierten bereits breitflächig in klimaneutrale Wärmequellen, „während der Erneuerbaren-Anteil in der Stromversorgung weiter zunimmt, was wir sehr begrüßen“, teilte der Verband mit. „Der Umstieg von fossilen auf klimaneutrale Energieträger bei der Fernwärme ist gleichwohl ein langfristiger Transformationsprozess.“