Weil sie ihr 21 Monate altes Kind aus dem Fenster ihrer Wohnung in Berlin-Köpenick warf und dadurch schwer verletzte, soll eine Frau dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik bleiben. Die 41-Jährige leide unter eine paranoiden Schizophrenie und habe im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Dobrikat in seiner Urteilsbegründung am Berliner Landgericht am Donnerstag.
Die These in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft, dass die Mutter das Kind zuvor in eine Katzenbox gesperrt und es in dieser aus dem Fenster im dritten Stock geworfen habe, habe sich während der Hauptverhandlung als falsch erwiesen, sagte Dobrikat. Es sei aber mit Sicherheit auszuschließen, dass das Kind selbst aus dem Fenster gestürzt sei. Es sei unvorstellbar, dass das Mädchen mit 21 Monaten selbstständig auf den Kinderstuhl in der Nähe des Fensters geklettert sei.
Das Kind war schwer verletzt von zwei Zeugen im Gebüsch unter dem Küchenfenster der Familie gefunden worden. Es hatte durch den Sturz mehrere Knochenbrüche erlitten, unter anderem der beiden Unterschenkel und des Beckens. Die Organe blieben unverletzt. Zuvor waren laut Zeugen mehrere Gegenstände aus dem Fenster geflogen, unter anderem eine Mülltüte, Handys und die Katzenbox.
Bei der Tat handle es sich um versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung, sagte der Richter. Die Unterbringung im Maßregelvollzug sei nötig, weil die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass die Frau vergleichbare Taten wieder begehen werde, wenn sie keiner Behandlung in einer psychiatrischen Klinik unterzogen werde.
Auch die Staatsanwaltschaft räumte ein, dass die These von der Katzenbox, die für breites Medieninteresse gesorgt hatte, durch die Rechtsmedizin nicht gedeckt sei. Staatsanwalt Ralph Knispel plädierte daher nicht wie in der Anklageschrift auf versuchten Mord, sondern auf versuchten Totschlag.
Die Verteidigung beantragte hingegen eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Er gehe davon aus, dass das Kind auf das Fensterbrett geklettert und nach unten gestürzt sei, sagte Anwalt Robert Tietze. Der Mutter sei lediglich vorzuwerfen, nicht auf ihre Tochter aufgepasst zu haben.
Dass die Frau anschließend eine halbe Stunde lang nicht die Tür öffnete, obwohl geklingelt und geklopft wurde, erklärte der Verteidiger mit dem „Wahn“ seiner Mandantin. Sie habe sich womöglich in dem Moment von der Wirklichkeit abgekapselt, sagte Tietze.
Die Beschuldigte, die vor rund zehn Jahren aus Tschechien nach Deutschland gekommen war, äußerte sich am letzten Prozesstag erstmals selbst zu den Vorwürfen. Sie sei an dem Tag „kaputt“ gewesen, sagte sie. Auf ihren Expartner und Vater der Kinder sei sie sauer gewesen, deshalb habe sie die Gegenstände aus dem Fenster geworfen – nicht aber ihre Tochter.
Laut Verteidiger Tietze verheilen die Brüche des Kinds vergleichsweise gut, es sei nicht mit bleibenden Schäden zu rechnen. Das Mädchen ist – ebenso wie seine älteren Geschwister – mittlerweile bei den Eltern der Beschuldigten untergebracht. Sie wollen das Sorgerecht für ihre Enkel beantragen.