Das Meer, der Sandstrand, die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser. Für viele Menschen ist die See der Sehnsuchtsort überhaupt. Das Meer zieht uns fast schon magisch an. Doch woher kommt das eigentlich?

Die Wellen bewegen sich gleichmäßig im Takt, ein salziger Geschmack liegt in der Luft, die Sonne lässt das Wasser glitzern, der Sand schiebt sich langsam zwischen die Zehen und vor den Augen diese unendliche Weite. Keine andere Landschaft vermag es, dieses Freiheitsgefühl in uns zu wecken. Es ist ein wunderbares Gefühl, den Wind auf der Haut zu spüren und das Salz in der Luft zu schmecken. Hat Sie der Gedanke an einen schönen Tag am Meer entspannt? Sie glücklich gemacht? Mit diesem Gefühl sind Sie nicht alleine. Doch warum zieht uns das Meer so sehr in seinen Bann?

Es hat die unterschiedlichsten Ursachen, dass das Meer auf uns Menschen eine so faszinierende Wirkung hat, sagt Florian Schmid-Höhne. Er ist Psychologe und coacht Menschen mit einem Burn-out am Meer. Er nutzt dabei die beruhigende Wirkung der Küstenlandschaft und die energetisierenden Effekte des Meeres, wenn man sich zum Beispiel von einer Welle treiben lässt.  

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Heute hat das Meer auf fast jeden und jede einen positiven Effekt. Es macht glücklich, wirkt beruhigend, fegt Sorgen hinweg und hilft dabei, Stress abzubauen. Doch die Liebe zum Meer hat sich erst in den letzten Jahrhunderten etabliert: „Im Mittelalter wurde das Meer eher als beängstigend angesehen, weil zum Beispiel die Schifffahrt noch sehr gefährlich war oder man an Ungeheuer in der See geglaubt hat. Dieses Bild ist aber im Laufe der Zeit gekippt. In der Mitte des 18. Jahrhunderts kam das Baden in Mode und man hat die gesundheitlichen Vorteile entdeckt. Aus dieser Zeit ist die positive Verbindung zum Meer entstanden“, erklärt Florian Schmid-Höhne.

Das Meer berührt alle Sinne

Mittlerweile gehört das Meer zu den präferierten Urlaubszielen der Deutschen. Eine Umfrage von Statista zeigt, dass 70 Prozent der Bundesbürger:innen den Ozean den Bergen für ihre Ferien vorziehen. Viele fahren von klein auf in den Ferien ans Meer und verbinden es mit Urlaub. „Wenn man in seiner Kindheit die glücklichste Zeit des Jahres am Meer verbracht hat, wird dieses natürlich sehr positiv konditioniert.“

Der Psychologe Florian Schmid-Höhne hat selbst eine enge Verbindung zum Meer. Er ist zum Teil auf Teneriffa aufgewachsen. Es hat ihn immer mehr interessiert, warum das Meer so eine große Wirkung auf Menschen hat. In seinem Buch „Die Meere in uns“ beschäftigt er sich mit der psychologischen Bedeutung des Meeres.
© Florence Bühr

Doch nicht nur schöne Erinnerungen lassen unser Herz beim Anblick der Wellen höherschlagen, die See an sich birgt Eigenschaften, die dafür sorgen, dass wir am Meer so glücklich sind. „Blau und Grün sind die Farben des Meeres, das sind Farbtöne, die auf Menschen beruhigend wirken.“ Eine Weite – wie die des Ozeans – erleben Menschen in ihrem Alltag selten. Auch die Sonne trage zum positiven Gefühl bei: Sie scheint von oben herab und lässt das Meer glitzern, das setze Glückshormone im Körper frei. „Der Sand in Kombination mit dem Wasser weckt auch in Erwachsenen wieder eine kindliche Ader. Es lässt sich allerhand bauen und formen. Es ist ein riesiger Spielplatz“, meint Florian Schmid-Höhne.

Das Besondere am Meer ist, dass wir es mit allen Sinnen genießen können. Der salzige Geruch liegt in der Nase, die Augen können in die blaue Ferne schauen, wir spüren den Sand zwischen den Zehen, während eine Welle den Fuß mit Wasser umhüllt. Und wer beim Schwimmen schon einmal etwas Meereswasser geschluckt hat, weiß, wie salzig es schmeckt. „Das Meer ist die einzige Landschaft, die man sogar schmecken kann.“

Die Weite des Ozeans ist ein Kontrast zum Alltag

An der U-Bahnhaltestelle wartet fast kein Mensch geduldig fünf Minuten auf den nächsten Zug, gerne wird das Smartphone gezückt, damit die schier endlos wirkenden Minuten schneller vergehen. Doch das Meer könnte manch eine und manch einer stundenlang beobachten. „Die Kombination aus Weite und Bewegung sorgt dafür, dass wir gerne auch mal länger auf das Meer blicken. Die Weite ist sehr angenehm für unsere Augen – gerade im Kontrast zu der Informationsflut, die wir im Alltag in der Stadt oder vor dem Computerbildschirm haben. Weil das Meer nicht starr ist, wird es uns auch nicht langweilig, auf die Wellen zu schauen“, sagt der Psychologe.

Auch die Geräusche des Meeres nehmen Menschen positiv wahr. Eine Autobahn klinge ähnlich wie das Meeresrauschen, trotzdem habe es nicht denselben Effekt auf Menschen, sagt Florian Schmid-Höhne. „Ein Meeresrauschen kann auch unglaublich laut sein, gar Lärm, trotzdem wirkt es auf die Menschen beruhigend – eine Autobahn dagegen wird als unangenehm empfunden.“

Meeresrauschen löst Geborgenheit in uns aus

Warum Menschen sich so von der See angezogen fühlen, hängt aber nicht nur mit den Eigenschaften des Ozeans selbst zusammen. „Tiefenpsychologische Theorien erklären unsere Faszination zum einen damit, dass das Leben ursprünglich aus dem Meer gekommen ist. Es soll auch eine Rolle spielen, dass wir im Mutterleib in einer ähnlichen Salzlösung entstehen und dort vergleichbare Geräusche wie das Meeresrauschen hören. Außerdem brechen die Wellen in einem regelmäßigen Rhythmus, was wir vom Herzschlag der Mutter kennen. Das alles kann ein Gefühl der Geborgenheit auslösen.“

Das Meer kann uns glücklich machen, dafür sorgen, dass wir uns entspannen, doch der Ozean wird nicht nur positiv wahrgenommen. „Es gibt bei den meisten Menschen einen Punkt, wo das Verhältnis zum Meer kippen kann. Wer im Wasser das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren, empfindet das Meer als bedrohlich. Es ist eine Projektionsfläche für unsere Gefühle – für positive wie negative“, erklärt Florian Schmid-Höhne. Einige Menschen haben dadurch ein ambivalentes Verhältnis zum Meer – sie lieben es, aber die bloße Naturgewalt des Meeres kann ihnen auch Angst machen.

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Das Meer mit nach Hause nehmen

Alles in allem scheinen aber die positiven Effekte zu überwiegen: Menschen, die an der Küste leben, berichten von besserer körperlicher und geistiger Gesundheit als jene, die im Landesinneren leben, so das Ergebnis einer Studie der University of Exeter aus dem Jahr 2019. Neuere Studien zeigen, dass auch andere Wasserflächen eine ähnliche Wirkung auf uns haben wie das Meer. Man vermutet, dass es evolutionspsychologische Gründe hat, weil Menschen auf Wasserstellen angewiesen waren, um zu überleben. „Es ist wahrscheinlich genetisch tief in uns verankert, dass wir eine Wasserfläche erst mal positiv erleben“, erklärt Florin Schmid-Höhne.

Wer nicht das Glück hat, nah an der Küste zu wohnen und nur im Urlaub am Meer ist, kann das positive Gefühl vom Strand mit nach Hause nehmen: „Zuhause gibt es vielleicht nicht das Meer, aber einen Fluss, See oder Bach in der Natur. Diese Gewässer haben zwar nicht den gleichen Effekt wie das Meer, doch sie können helfen, das Urlaubsgefühl vom Strand aufzufrischen“, rät der Psychologe.

Quelle:  Studie Universität Exeter, Statista

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