Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Das zweite Jahr in Folge ging es bergab. Allerdings nicht so stark wie zuvor. Und Ökonomen rechnen künftig mit einem Wachstum.

Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt fiel um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. 2023 hatte es einen Rückgang von 0,3 Prozent gegeben. Die meisten Ökonomen rechnen für das laufende Jahr bestenfalls mit einem leichten Wachstum. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft 2025 so langsam wachsen wird wie keine andere Industrienation.

Im Schlussquartal 2024 ist die deutsche Wirtschaft voraussichtlich ebenfalls geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt sei von Oktober bis Dezember wohl um 0,1 Prozent zum Vorquartal zurückgegangen, hieß es vom Bundesamt. Diese „erste sehr frühe Schätzung“ basiere aber noch auf einer „unvollständigen Datenbasis“ und sei daher noch mit höherer Unsicherheit behaftet. Details sollen am 30. Januar bekanntgegeben werden.STERN PAID C+ Daxanstieg 19.55

Wirtschaft schrumpft: Konsumboom blieb aus, Angst vor Jobverlust

„Schaut man auf die letzten 60 Jahre zurück, ist Deutschland auf dem Weg, in diesem Jahrzehnt so langsam wie nie zuvor zu wachsen“, kommentierte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, die Entwicklung. „Von 2020 bis 2024 steht lediglich eine Expansion der Wirtschaftsleistung von rund einem halben Prozent zu Buche.“

Ausgebremst wurde die deutsche Konjunktur im abgelaufenen Jahr gleich von mehreren Seiten. Der angesichts steigender Reallöhne erwartete Konsumboom der Verbraucher blieb aus, weil die Kaufkrafteinbußen während der Vorjahre noch nicht wieder wettgemacht wurden. Zudem nimmt die Arbeitsplatzsorge vieler Deutscher wieder zu, die deshalb nach wie vor oft sparen. Auch die Baubranche kämpft noch immer mit einer schwachen Nachfrage, da für viele potenzielle Häuslebauer der Traum von den eigenen vier Wänden wegen der hohen Finanzierungs- und Materialkosten platzte. Den Exporteuren wiederum macht die schwache Nachfrage aus China zu schaffen.

Hinzu gesellten sich politische Unsicherheiten – vom russischen Krieg gegen die Ukraine bis hin zu den haushaltspolitischen Turbulenzen in der Bundesregierung. Die Ampel-Regierung platzte schließlich, was zu Neuwahlen am 23. Februar führt. Der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl lässt viele Firmen mit Investitionen zögern, weil die künftigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen unklar sind.Länder mit hoher und niedriger Inflation   17.00

Staatshaushalt auch 2024 im Minus

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft fiel zum Jahreswechsel so schlecht aus wie seit der Corona-Krise nicht mehr, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Dezember-Umfrage unter rund 9000 Führungskräften herausfand. „Die Schwäche der deutschen Wirtschaft ist chronisch geworden“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Der deutsche Staat hat zudem im vergangenen Jahr erneut mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung lag das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung 2024 wie im Vorjahr bei 2,6 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Ausgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherung überstiegen die Einnahmen um 113 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. „Das waren etwa 5,5 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2023“, hieß es.

Der EU-Wachstums- und Stabilisierungspakt sieht eine Obergrenze von drei Prozent vor, die von Ländern wie Frankreich seit Jahren gerissen wird.

„Die Länder, Gemeinden und die Sozialversicherung erhöhten ihr Finanzierungsdefizit, vor allem durch mehr Ausgaben für soziale Sachleistungen und monetäre Sozialleistungen“, erklärten die Statistiker. „Dies lag in erster Linie an höheren Ausgaben für Renten und Pensionen.“ Erheblich mehr wurde auch für das Pflege- und für das Bürgergeld ausgegeben.

Der Bund allein konnte sein Defizit gegen den Trend deutlich verringern, und zwar von rund 95 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf nunmehr gut 59 Milliarden Euro. „Entlastend wirkte dabei insbesondere, dass die Maßnahmen zur Abmilderung der Energiekrise – vor allem die Gas- und Strompreisbremse – Ende 2023 ausgelaufen sind“, so das Statistikamt.

Für dieses Jahr rechnen die meisten Fachleute mit einer sinkenden Neuverschuldung in Deutschland. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa sagt ein Finanzierungsdefizit von 1,9 Prozent voraus.

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