Schlappe für die Staatsanwaltschaft: Sie hält die Strafkammer im Ballweg-Verfahren für befangen – das Gericht sieht das aber nicht so. Der Prozess kann weitergehen.
Das Landgericht Stuttgart hat im Betrugsprozess gegen „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg Befangenheitsanträge gegen drei Berufsrichter abgelehnt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft in Stuttgart, die die Anträge gestellt hatte. Man habe die Beschlüsse bekommen, sagte eine Sprecherin. Zunächst hatte der „Südkurier“ darüber berichtet. Das Landgericht will die Presse dazu am Montag informieren.
Damit kann der Prozess gegen Ballweg fortgesetzt werden. Andernfalls hätte das Verfahren, das bereits seit einigen Monaten läuft, neu aufgesetzt werden müssen. Ballweg muss sich wegen versuchten Betrugs verantworten, auch Steuern soll er laut Anklage hinterzogen haben. Der 27. Verhandlungstag vor knapp zwei Wochen begann mit einem Paukenschlag: Die Strafkammer schlug eine Einstellung des Betrugsprozesses vor – wegen Geringfügigkeit. Die Richter sind der Meinung, dass man dem 50-jährigen Unternehmer keinen Vorsatz nachweisen könne.
Die Staatsanwaltschaft lehnte den Vorschlag des Gerichts jedoch ab. Eine Verurteilung sei weiterhin wahrscheinlich, so die Ankläger. Schließlich beantragte die Staatsanwaltschaft einen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter in dem Verfahren.
Nur ein kleiner Restbetrag bleibt
Ballweg soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch öffentliche Aufrufe mehr als eine Million Euro von Tausenden Menschen für die Organisation eingeworben, die Spender aber über die Verwendung von Geldern getäuscht haben. Die Ankläger werfen ihm vor, 575.929,84 Euro für private Zwecke verwendet zu haben. Dokumentiert sind belegbare Ausgaben für die „Querdenken“-Bewegung in Höhe von 843.111,68 Euro. Ballweg ist nicht wegen Betrugs, sondern nur wegen versuchten Betrugs angeklagt, weil einigen Spendern wohl gleichgültig war, was mit dem Geld passiert, so die Argumentation der Staatsanwaltschaft. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
„Querdenken„-Initiator saß monatelang in U-Haft
Ballwegs Anwälte hatten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft von Beginn an zurückgewiesen. Der „Querdenken“-Initiator saß wegen der Vorwürfe ab Juni 2022 bereits monatelang in Untersuchungshaft, weil die Behörden von einer Fluchtgefahr ausgingen. Immer wieder hatten seine Anhänger vor dem Gefängnis demonstriert. Im April 2023 war er aus der Haft entlassen worden.
Die „Querdenken“-Bewegung hatte sich im Zuge der Corona-Pandemie von Stuttgart aus in vielen deutschen Städten formiert. Die Anhängerinnen und Anhänger demonstrierten immer wieder öffentlich gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Dabei gab es auch Angriffe auf Polizisten und Medienvertreter.