In einem weiteren Prozess um die gewaltsamen Umsturz- und Entführungspläne der sogenannten Kaiserreichsgruppe aus der Reichsbürgerszene ist in Niedersachsen eine Frau verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle sah es nach Angaben eines Sprechers am Freitag als erwiesen an, dass sie für kurze Zeit zu den Mitgliedern der als terroristische Organisation eingestuften Gruppe gehört hatte.
Von der Verhängung einer Strafe sah das Gericht demnach wegen sogenannter tätiger Reue ausnahmsweise ab. Die 39-Jährige hatte seinerzeit die Polizei über die Pläne der Gruppe informiert und sich von dieser distanziert. Später sagte sie in mehreren Gerichtsprozessen gegen frühere Mitglieder als Zeugin aus.
Ihre Beiträge innerhalb der Gruppe waren laut Mitteilung des Gerichts zudem nur „von eher untergeordneter Bedeutung“. Deshalb griffen die Richter auf eine Sonderregelung des Strafgesetzbuches zurück, die in bestimmten Fällen eine Verurteilung ohne Strafe ermöglicht. Dies sei aber kein Freispruch, stellte das Gericht klar. Die Angeklagte sei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund schuldig gesprochen worden.
Die im Frühjahr 2022 zerschlagene sogenannte Kaiserreichsgruppe hatte nach Ermittlerangaben einen gewaltsamen Umsturz geplant. Ausgelöst werden sollte dieser durch die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Anschläge auf die Stromversorgung. Ziel der Gruppe war demnach die Errichtung einer autoritären Regierungsform nach dem Vorbild des 1918 untergegangenen deutschen Kaiserreichs. Daher kommt auch die Bezeichnung.
Die Rädelsführerinnen und -führer der Gruppierung wurden vor zwei Wochen vom Oberlandesgericht im rheinland-pfälzischen Koblenz zu Haftstrafen von bis zu acht Jahren verurteilt. Prozesse gegen weitere Mitglieder oder Unterstützer liefen unter anderem auch in Hamburg, München und Düsseldorf.
Die nun in Celle verurteilte Beschuldigte nahm laut Gericht im Januar 2022 an einem Treffen der Gruppe teil. Bereits im Februar 2022 distanzierte sie sich aber wieder von dieser und schaltete die Polizei ein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.