Wie teuer wird Donald Trumps erneuter Einzug ins Weiße Haus für Deutschland? Das lässt sich noch nicht beziffern. Als sicher gilt aber, dass der neue US-Präsident den Wahlkampf aufmischen wird.

Strafzölle auf Importe aus Europa, Druck bei den Verteidigungsausgaben, Kürzungen der Ukraine-Hilfe: Nach der Rückkehr von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus könnte einiges auf Deutschland zukommen. „Ich werde ganz einfach Amerika an die erste Stelle setzen“, sagte Trump in seiner Antrittsrede im Kapitol in Washington. 

Was das genau für Deutschland und Europa bedeutet, ist noch unklar. Aber Trump gab in seiner Rede erste Hinweise. Eins steht jetzt schon fest: Was auch immer der US-Präsident genau tun wird, es wird massiven Einfluss auf den Bundestagswahlkampf haben, für den nur noch fünf Wochen Zeit bleiben. 

Handel: Hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr? 

Die größten Befürchtungen in Deutschland betreffen den Handel. In seiner Rede kündigte Trump erneut Zölle und Steuern gegen andere Länder an, um so die amerikanischen Bürger zu entlasten. „Es werden riesige Geldbeträge aus ausländischen Quellen in unsere Staatskasse fließen“, sagte Trump. Der US-Präsident nannte zwar noch keine Länder oder Regionen. Es gilt aber als ziemlich sicher, dass Deutschland als Exportnation betroffen sein wird. 

„Wenn diese Zölle kommen, wird das Arbeitsplätze auch in Deutschland kosten“, warnt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bereits. „Insgesamt würde das die Weltwirtschaft zurückwerfen.“ 

Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte vor wenigen Tagen aus einer Studie des Prognos-Instituts, nach der in Deutschland 1,2 Millionen Arbeitsplätze an Exporten in die USA hängen, von denen wiederum 300.000 durch Trumps Zölle gefährdet sein könnten. 

Die Reaktion der EU dürfte nicht lange auf sich warten lassen. Sollte es so kommen wie erwartet, will die EU mit Vergeltungszöllen auf US-Importe reagieren, um Trump an den Verhandlungstisch zu bewegen. Selbst wenn ein direkter Handelskonflikt zwischen der EU und den USA verhindert wird, könnten neue US-Zölle gegen China Auswirkungen auf Europa haben. Sie könnten dazu führen, dass chinesische Unternehmen aggressiver in den europäischen Markt drängen.

Ukraine: Muss Deutschland Lücken füllen?

Trump prahlte schon im Wahlkampf damit, innerhalb von 24 Stunden den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beenden zu können. Inzwischen hat er eingeräumt, dass es auch ein halbes Jahr dauern könnte. Er scheint aber immer noch entschlossen zu sein, etwas zu tun, und hat bereits ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angekündigt. Er wolle ein „Friedensstifter“ sein, betonte er in seiner Antrittsrede. 

Es gibt Spekulationen, dass er die Ukraine-Hilfe einschränken könnte, um Kiew an den Verhandlungstisch zu zwingen. Als zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine nach den USA könnte Deutschland dann unter Zugzwang geraten. 

Kanzler Olaf Scholz zeigt sich aber zuversichtlich, in der Ukraine-Politik eine gemeinsame Linie mit Trump finden zu können. Nur wenige Stunden vor der Vereidigung bekräftigte der Kanzler, dass er nicht „mit einem unmittelbaren Einbruch“ der US-Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine rechne. „Wie es auf die lange Sicht sein wird, werden wir sehen.“

Ein Streitthema im Wahlkampf ist die Ukraine-Hilfe schon jetzt. Scholz will weiteren Waffenlieferungen in Höhe von drei Milliarden Euro nur bei einer Aussetzung der Schuldenbremse zustimmen. Union, Grüne und FDP dringen auf eine außerplanmäßige Haushaltsausgabe. Ausgang offen.

Verteidigungsausgaben: Fünf statt zwei Prozent des BIP?

Die Forderungen Trumps nach mehr Verteidigungsausgaben sind schon aus seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 bekannt. Damals drängte er in erster Linie Deutschland, das Ziel der Nato zu erfüllen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ins Militär zu investieren. Diesmal verlangte er bereits vor seinem Amtsantritt fünf Prozent, um neuen Bedrohungen gerecht zu werden. „Sie können es sich alle leisten“, rief er den Verbündeten jenseits des Atlantiks zu.

Deutschland hat die Zwei-Prozent-Marke nach der jüngsten Nato-Statistik im vergangenen Jahr erstmals seit Jahrzehnten wieder erreicht, wenn auch nur gerade so und mit Hilfe eines 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögens. Fünf Prozent würden 2025 rein rechnerisch bei einem erwarteten Bruttoinlandsprodukt von 4.400 Milliarden Euro Verteidigungsausgaben von deutlich mehr als 200 Milliarden Euro bedeuten – bei einem geplanten Gesamtetat von rund 489 Milliarden Euro.

Scholz hat bereits klargemacht, dass er dazu nicht bereit ist. „Das geht dann nur mit massivsten Steuererhöhungen oder massivsten Kürzungen für viele Dinge, die für uns wichtig sind.“ Auf die leichte Schulter nimmt man die Forderung Trumps im Kanzleramt dennoch nicht. 

In der Nato läuft die Diskussion über höhere Verteidigungsausgaben bereits auf Hochtouren – aber eher in Richtung 3 oder 3,5 Prozent. In diesen Größenordnungen denken auch Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck und CSU-Chef Markus Söder. 

Unterschiedliche Strategien: Kuschelkurs oder klare Kante?

Wie geht die deutsche Politik nun mit Trump in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit um, die gleichzeitig die letzten Wochen des Bundestagswahlkampfs sind? Scholz hat sich entschieden, Kontra zu geben. Als Trump vor wenigen Tagen Gebietsansprüche in Grönland, Panama und Kanada formulierte, war der Kanzler der erste europäische Regierungschef, der das öffentlich kritisierte.  Es dürfte nicht das letzte Mal in diesem Wahlkampf gewesen sein. Am Montag empfahl er auch den europäischen Verbündeten „immer einen geraden Rücken“ im Umgang mit Trump. 

Auch Außenministerin Annalena Baerbock wirbt für ein selbstbewusstes Auftreten der EU. Man dürfe sich „nicht kirre machen lassen“, sagt sie. Europa habe mit seinem Binnenmarkt von 450 Millionen Bürgern auch in der Vergangenheit gezeigt, „dass wir uns nicht bedrohen oder erpressen lassen“.

Die Union versucht dagegen, auf Trump zuzugehen. Der CDU-Außenexperte Jürgen Hardt reiste zur Amtseinführung nach Washington. Kanzlerkandidat Friedrich Merz schrieb Trump einen handschriftlichen Brief zur Vereidigung. Er schaue „nicht wie das Kaninchen auf die Schlange“, sagte der CDU-Vorsitzende kürzlich und betonte, dass er auf eine enge Abstimmung in Europa setze. „Da hilft kein erhobener Zeigefinger, da hilft nur Koordinierung, Zusammenarbeit und eigene Strategie.“