Die Krankenhausreform kommt. Was bedeutet das für das Rhein-Main-Gebiet mit seinen vielen Krankenhäusern und was für das eher unterversorgte Land in Hessen und Rheinland-Pfalz?

Auf den letzten Drücker vor der Neuwahl ist die lange geplante Krankenhausreform auf die Zielgerade eingebogen. Nun sind die Bundesländer am Zug: Sie müssen die allgemeinen Beschlüsse auf Bundesebene in konkrete Reformen vor Ort umsetzen. 

Das wird vor allem dort spannend, wo sich Patientenströme nicht um Ländergrenzen scheren – zum Beispiel zwischen Wiesbaden und Mainz, aber auch zwischen Montabaur und Limburg und von Nordhessen Richtung Göttingen. 

Beispiel Mainzer Universitätsmedizin: Die Patientenversorgung erfolge seit vielen Jahren auch über Bundesländergrenzen hinweg, heißt es hier. Es gebe einen Austausch von Hessen nach Rheinland-Pfalz. Dass hessische Kranke in Mainz behandelt würden, sei „eher Alltag denn Ausnahme“. 

Krankenhaus Sachsenhausen verschwindet

Im Ballungsraum Rhein-Main gibt es bereits eine erste Entwicklung, die die Reform quasi vorwegnimmt: Das Frankfurter Universitätsklinikum übernahm zum 1. Januar 2025 das Krankenhaus Sachsenhausen, das bisher zu einem Verbund diakonischer Gesundheitseinrichtungen gehörte.

Die wirtschaftliche Situation gerade von kleinen Häusern – vor allem auch mit Blick auf die bevorstehende Krankenhausreform – sei „äußerst angespannt“, begründet Geschäftsführer Hubertus Jaeger die Übernahme. 

„Wir nehmen mit der Übernahme Bettenkapazitäten aus dem überversorgten Markt heraus“, sagt der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums, Jürgen Graf. Er geht davon aus, dass die Krankenhausreform dazu führen wird, „dass in Regionen, in denen es überproportional viel Angebot gibt, Klinken schließen werden.“ 

Enge Absprachen

Eine solche Überversorgung gibt es aber selbst im Rhein-Main-Gebiet nicht überall. In Mainz etwa existiert neben der Unimedizin mit dem Marienhaus Klinikum nur ein weiteres Krankenhaus für die Akutversorgung – die beiden Häuser pflegen enge Absprachen und Kooperationen, wie es von der Unimedizin heißt. Das werde auch in Zukunft so bleiben. 

Die Mainzer Universitätsmedizin erwartet im Zuge der Krankenhausreform künftig etwa zehn Prozent mehr Patienten mit komplexen Erkrankungen, weil solche nach Greifen der Reform eben nur noch von ausgewählten Häusern behandelt werden dürften. Das hat laut Universitätsmedizin Vorteile für die Patientinnen und Patienten. Es bedeute aber auch, dass diese Angebote zukünftig besser koordiniert und abgestimmt werden müssten. 

Zentralisierung und Spezialisierung 

Auch der Geschäftsführer der Hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger, sagt voraus, dass sich das Angebot der Krankenhäuser verändern wird. Eine Schließungswelle sieht er aber nicht. „Die Reform wird eine stärkere Zentralisierung und Spezialisierung fördern: Leistungen werden an weniger Orten angeboten, da komplexe Eingriffe zukünftig nur noch an Zentren erbracht werden sollen.“

Gramminger sieht darin ebenfalls Vorteile für Patienten. Sie möchten gut behandelt werden, egal ob in Hessen oder Rheinland-Pfalz. Für die Krankenhausplanung sei das aber „eine große Herausforderung“. Denn dafür sind die Bundesländer zuständig.

„Perspektive des Adlers einnehmen“

Dass es kaum Planung über Landesgrenzen hinweg gebe, egal, wie eng der Raum vernetzt sei, sei „ein Nachteil des Föderalismus“, sagt Graf. Damit die Reform ein Erfolg werde, müsse man bei der Planung „die Perspektive des Adlers einnehmen und nicht die der Ameise“.

Der „Adler“ muss neben den Ballungsräumen auch das Land im Blick haben. „Das größte Risiko liegt in der Sicherstellung der ländlichen Versorgung und hier insbesondere in der Notfallversorgung“, sagt Gramminger. „Während der urbane Raum durch die Reform vergleichsweise stabil bleiben könnte, besteht die Gefahr, dass die Versorgung in strukturschwachen ländlichen Regionen sich weiter verschlechtert.“

Längere Wartezeiten?

Andreas Wermter, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, sagt voraus, dass es für Patienten zu längeren Wegezeiten kommen könnte. Wartelisten bei einzelnen Leistungen seien nicht auszuschließen, weil mit der Reform Behandlungen konzentriert würden. 

„Hier ist das Land gefordert, im Dialog mit allen Beteiligten und insbesondere den Krankenhausträgern die flächendeckende Versorgung auch zukünftig sicherzustellen“, sagt Wermter.