Joe Biden ist sicher: Harris hatte im Wahlkampf keine Chance gegen Trump. Er dagegen schon. Nun verrät der scheidende US-Präsident, warum er die Kandidatur trotzdem abgab.

Der scheidende US-Präsident Joe Biden schließt nicht aus, dass er anders als seine Vizepräsidentin Kamala Harris die Präsidentschaftswahl am 5. November gegen Donald Trump hätte gewinnen können. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Zeitung „USA Today“ antwortete der 82-Jährige auf die Frage, ob ein Wahlsieg für ihn realistisch gewesen wäre: „Ich denke ja“.

Er habe wirklich gedacht, „die besten Chancen“ zu haben, den Republikaner Trump zu schlagen. „Aber ich wollte auch nicht Präsident sein, wenn ich 85 oder 86 Jahre alt bin. Und so habe ich darüber gesprochen, den Staffelstab weiterzugeben“, sagte Biden. „Aber ich weiß es nicht. Wer zum Teufel weiß das schon? … Wer weiß, was ich sein werde, wenn ich 86 Jahre alt bin?“PAID Analyse Warum Joe Biden in Wahrheit erfolgreich ist – und trotzdem scheitert 11.28

Biden ist der älteste Präsident in der US-Geschichte und war im Laufe seine Amtszeit immer wieder mit Fragen nach seiner körperlichen und geistigen Fitness konfrontiert. Nach seinem desaströsen Auftritt im TV-Duell mit Trump Ende Juni vergangenen Jahres wuchs auch der innerparteiliche Druck auf ihn, seine zweite Kandidatur für das Präsidentenamt aufzugeben. Biden zog diese schließlich drei Monate vor dem Wahltermin zurück, woraufhin Harris für die Demokraten einsprang und gegen Trump verlor.

Joe Biden bereut fast nichts

Angesprochen auf Dinge, die er in seiner Amtszeit eventuell bereue, erwähnte Biden das TV-Duell nicht und auch nicht sein gebrochenes Versprechen, nur eine Amtszeit zu dienen und eine „Brücke“ zur nächsten Generation zu bilden. Stattdessen beklagte er den nur langsamen Fortschritt bei größeren Infrastrukturprojekten sowie die Falschinformationen, welche die politische Auseinandersetzung manipulierten.

Biden gab in seiner Amtszeit weniger Interviews und Pressekonferenzen als jeder andere Präsident seit Ronald Reagan (1981-1989). „USA Today“ war die einzige Zeitung, die mit ihm ein persönliches Gespräch führen konnte, bevor er sein Amt am 20. Januar an Trump übergibt.Kommentar Trump Rede Mar-a-Lago 15.33

Bei seinem Treffen mit Trump nach dessen Wahlsieg im Weißen Haus habe er den Republikaner aufgefordert, nicht wie angekündigt Rache an politischen Gegnern zu üben, sagte Biden in dem Interview. Trump habe darauf nicht geantwortet.

Er wolle seinen Landsleuten als ein Präsident in Erinnerung bleiben, der einen klaren Plan zur Erholung der US-Wirtschaft nach der Corona-Pandemie und zur Wiederherstellung der Führungsrolle der Vereinigten Staaten in der Welt gehabt habe, sagte der scheidende Amtsinhaber. „Das war meine Hoffnung, und wer weiß? Ich hoffe, dass daran erinnert wird, dass ich es mit Ehrlichkeit und Integrität getan habe. Und dass ich gesagt habe, was mir durch den Kopf ging.“