Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter ist für sein Engagement für den Frieden bekannt. Nach dem Tod des 100-Jährigen trauern nicht nur die USA – sondern die ganze Welt.
Noch im Oktober hatte der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter seinen 100. Geburtstag gefeiert. Drei Monate später ist er gestorben. Der Gesundheitszustand Carters war zuletzt schlecht. Im Februar 2023 brach er nach mehreren Krankenhausaufenthalten seine medizinische Behandlung ab und begab sich in häusliche Pflege.
Der Demokrat war der 39. US-Präsident und regierte von 1977 bis 1981. 2002 wurde er für sein humanitäres Engagement mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Nach seiner Amtszeit baute er seine zweite Karriere als Kämpfer für Frieden und Menschenrechte auf. 1982 gründete er das Carter Center. Wo immer Konflikte entbrannten und die Menschen durch Armut, Krankheit oder Gewalt in Bedrängnis waren, tauchte Carter auf, er bereiste mehr als 140 Länder. „Sein Vermächtnis als Friedensstifter, Menschenrechtsverfechter und humanitärer Helfer wird weiterleben“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres.STERN PAID Jimmy Carter Nachruf 22.40
Sein Sohn Chip Carter würdigte ihn als „Held (…) für alle, die an Frieden, Menschenrechte und selbstlose Liebe glauben“. Doch nicht nur Angehörige trauern.
Jimmy Carter – „Ein Mann der Prinzipien, des Glaubens und der Bescheidenheit“
US-Präsident Biden würdigte Carter als einen „Mann mit großem Charakter und Mut, Hoffnung und Optimismus“. In einer Stellungnahme schrieb Biden über Carter: „Amerika und die Welt haben einen außergewöhnlichen Anführer, Staatsmann und Humanisten verloren“. „Wenn jemand danach sucht, was ein Leben voller Sinn und Bedeutung ist – ein gutes Leben – schaut auf Jimmy Carter, einen Mann der Prinzipien, des Glaubens und der Bescheidenheit“, schrieb der US-Präsident weiter. Biden kündigte ein Staatsbegräbnis für Carter an. Außerdem ernannte er den 9. Januar zum Nationalen Ehrentag von Carter.
Auch Bidens designierter Nachfolger Donald Trump würdigte den Ex-Präsidenten. Carter habe in einer herausfordernden Zeit „alles in seiner Macht Stehende getan, um das Leben aller Amerikaner zu verbessern“. Dafür seien ihm alle zu großem Dank verpflichtet. Entgegen den Gepflogenheiten hatte Carter auch nachfolgende Präsidenten immer wieder kritisiert – auch den Republikaner Trump. Carter hatte sich nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus immer wieder in die Politik eingemischt.
Der frühere Präsident Barack Obama schrieb im Onlinedienst X über Carter, er „hat uns alle gelehrt, was es heißt, ein Leben in Anmut, Würde, Gerechtigkeit und im Dienste“ anderer zu führen. Er und seine Frau Michelle „senden unsere Gedanken und Gebete an die Familie Carter und an alle, die diesen bemerkenswerten Mann geliebt und von ihm gelernt haben“. Ex-US-Präsident George W. Bush bezeichnete Carter als einen „Mann mit tiefen Überzeugungen“. Sein Vermächtnis werde die Amerikaner „über Generationen hinweg inspirieren“.
Carter und Camp David
Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte die Unterstützung des verstorbenen US-Präsidenten Jimmy Carter für die Ukraine. Während Carters Amtszeit sei das Land zwar noch nicht unabhängig gewesen, erklärte Selenskyj am Montag im Onlinedienst X. Doch „sein Herz stand fest an unserer Seite in unserem andauernden Kampf für die Freiheit“.
„Wir schätzen sein unerschütterliches Engagement für den christlichen Glauben und die demokratischen Werte sowie seine unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine angesichts der unprovozierten Aggression Russlands sehr“, schrieb der ukrainische Staatschef weiter.
Der britische Premierminister Keir Starmer schrieb, Carter habe „mit seinem bemerkenswerten Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte die Zeit nach der Präsidentschaft neu definiert“. Carter habe seine „Ideale im Dienste anderer bis zum Schluss“ gelebt.
Der britische Premier erinnerte in einer Stellungname an das historische Abkommen von Camp David, das den Frieden im Nahen Osten absichern sollte. 1978 war es Carter gelungen, eine als Camp-David-Abkommen bekanntgewordene Einigung zwischen Ägyptens damaligem Staatschef Anwar al-Sadat und Israels Regierungschef Menachem Begin auszuhandeln, die zu einem Friedensvertrag zwischen beiden Staaten führte. Der Vertrag beendete den Kriegszustand zwischen beiden Ländern: Ägypten erkannte darin den Staat Israel an, im Gegenzug gab Israel die im Jahr 1967 annektierte Sinai-Halbinsel an Ägypten zurück. Das Abkommen gilt als einer der wichtigsten außenpolitischen Erfolge Carters.
Dem schloss sich Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi an. Auch er würdigte Carters „bedeutende Rolle“ bei der Vermittlung des historischen Friedensabkommens zwischen Ägypten und Israel in Camp David. Darüber hinaus sei Carters humanitäre Arbeit „ein Beispiel für einen hohen Standard der Liebe, des Friedens und der Brüderlichkeit“.
Dankbarkeit in Panama und Kuba
Panamas Präsident José Raúl Mulino dankte Carter für seine Rolle bei der Übergabe des Panamakanals an sein Land. Die Zeit des Demokraten im Weißen Haus habe „für Panama entscheidende, komplexe Momente“ markiert, schrieb Mulino im Onlinedienst X. Die Verhandlungen mit Carter hätten damals „die Übergabe des Kanals in panamaische Hände und die volle Souveränität unseres Landes erreicht“, erklärte Mulino – auch mit Blick auf eine Drohung des designierten US-Präsidenten Donald Trump, die Rückgabe der wichtigen Wasserstraße an die USA zu fordern.
Der von den USA gebaute Panamakanal wurde im Jahr 1914 eröffnet. 1977 unterzeichneten der damalige demokratische US-Präsident Jimmy Carter und der damalige panamaische Militärmachthaber Omar Torrijos ein Abkommen zur Übergabe des Kanals an Panama, 1999 übernahm der panamaische Staat die Kontrolle über die Wasserstraße. Der Panama-Kanal hat eine zentrale Bedeutung für den Welthandel. Laut Schätzungen passieren fünf Prozent des weltweiten kommerziellen Schiffsverkehrs die Wasserstraße.
Auch aus Kuba kamen dankende Worte: Nach den Worten von Staatschef Miguel Díaz-Canel werden die Menschen den verstorbenen US-Präsidenten Jimmy Carter „mit Dankbarkeit“ in Erinnerung behalten. Nach seinem Amtsantritt hatte Carter 1977 die Reisebeschränkungen zwischen den USA und Kuba gelockert. Durch die Einrichtung von Interessenvertretungen in den beiden Hauptstädten Washington und Havanna unter Schirmherrschaft der Schweiz hatten sich die seit der kubanischen Revolution 1961 eingefrorenen Beziehungen zwischen beiden Ländern ein wenig verbessert.
Den Angaben seiner Stiftung zufolge starb Carter am Sonntag im Alter von 100 Jahren in Plains im US-Bundesstaat Georgia im Kreise seiner Familie. Er hinterlässt vier Kinder, 11 Enkelkinder und 14 Urenkel. Geplant seien öffentliche Trauerfeiern in Atlanta und der US-Hauptstadt Washington. Das Empire State Building in New York wurde zu Ehren Carters in Rot, Weiß und Blau erleuchtet.