US-Milliardär Elon Musk sorgt mit seiner AfD-Empfehlung in der „Welt“ für Aufsehen in Deutschland. Viele deutsche Medien kommentieren die Worte des Trump-Vertrauten.

Die „Welt am Sonntag“ hat mit der Veröffentlichung eines Gastbeitrags von Tech-Milliardär Elon Musk mit einem Wahlaufruf für die AfD scharfe Kritik auf sich gezogen. Als Konsequenz reichte die Meinungschefin von „Welt“ und „Welt am Sonntag“ ihre Kündigung ein. Der Deutsche Journalisten-Verband sowie Vertreter mehrerer Parteien verurteilten den Beitrag, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm mahnte hingegen zu einer offenen Debatte über die AfD und ihre Themen.

Kommentar Musk AfD 16:25Anfang der Woche hatte ein Beitrag von Musk auf dessen Onlinedienst X für Schlagzeilen gesorgt, in dem er geschrieben hatte, nur die AfD könne „Deutschland retten.“ In seinem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“ führte Musk seine Gedanken dann aus. Von anderen deutschen Medien erntet er zumeist Widerspruch:

Berliner Morgenpost

„Nicht alles, was Aufmerksamkeit oder Klicks verspricht, ist guter Journalismus. Der Gastbeitrag von Elon Musk, der in der ‚Welt am Sonntag‘ und auf welt.de erschien, ist meistgelesen und wird in der Öffentlichkeit eifrig diskutiert. Gut ist er nicht. Natürlich gibt es berechtigte Argumente gegen die deutsche Energiepolitik, Wirtschaftspolitik oder Migrationspolitik. Doch die Empörung über Musks Ausführungen ist berechtigt: In Kürze wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Jeder prominente Wahlaufruf, und genau das ist dieser Text, wirkt übergriffig. Der Tesla-Gründer versteigt sich gar zu der absurden These, nur die AfD könne Deutschland retten. Noch fataler ist, dass die Einflussnahme aus dem Umfeld des designierten US-Präsidenten Donald Trump stammt. Zurückhaltung und Respekt verbieten solche Texte. Wenn aus Putins Reich Wahlaufrufe für die AfD eingingen, wäre niemand überrascht. Aber wenn sie aus den USA kommen und eilfertig von deutschen Medien veröffentlicht werden, wird es verdammt ernst.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

„Die Politik tat Musk und Springer den Gefallen, den Beitrag ausführlich zu kommentieren. Vertreter von CDU und FDP teilten dem methodisch wahnsinnigen Musk in rührender ­Eifrigkeit mit, wo er irre. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, dessen Partei sich nicht dazu durchringen kann, ‚X‘ zu verlassen, geschweige denn, dass sie zu einer Medienpolitik in der Lage wäre, die nur die übelsten Auswüchse der Digitalplattformen bekämpft, arbeitete sich auch an der Entscheidung von Springer ab, den Beitrag zu bringen. […] Am Ende wird nicht die deutsche Politik darüber entscheiden, wie weit die Macht Musks reicht. Die entscheidende Schlacht wird in den USA ausgefochten werden, wo die Entfremdung zwischen dem Oligarchen und Teilen der Maga-Bewegung längst eingesetzt hat. Sie entzündet sich gerade an der Einstellung zur Einwanderungspolitik, in der die Tech-Elite ­zumindest für die von ihr dringend ­benötigen ausländischen Fachkräfte großzügige Ausnahmen möchte. Damit aber ist ein zentrales Motiv der wichtigsten Trump-Wähler berührt.“

„Frankfurter Rundschau“

„Die Zeitung ‚Welt am Sonntag‘ hätte die Wahlwerbung des Techmilliardärs Elon Musk für die in Teilen rechtsextreme AfD nicht veröffentlichen dürfen. Denn Musk ist dafür bekannt, dass er Demokratieverächter unterstützt, so wie es eben die AfD ist. Zudem hat das Blatt aus dem Springer-Verlag einem ausländischen Politiker und designierten Mitglied der US-Regierung die Bühne gegeben, sich in die hiesige Wahl einzumischen. Das gehört sich nicht für Politikerinnen und Politiker in westlichen Demokratien. Ihn dabei zu unterstützen auch nicht. Die Verantwortlichen der Sonntagszeitung haben nicht für Meinungsvielfalt gesorgt. Vielmehr haben sie die Brandmauer beschädigt, mit der sich demokratische Kräfte hierzulande darum bemühen, rechtes Gedankengut als solches zu kennzeichnen und zu ächten. Man kann nur hoffen, dass andere Redaktionen sich daran kein Beispiel nehmen.“FS Trumps Kabinett 12.09

„Handelsblatt“

„Dass der künftige Chefredakteur der ‚Welt‘-Gruppe, Jan Philipp Burgard, eine Gegenmeinung vertritt, relativiert Musks Position nicht – es legitimiert sie. Schließlich wird so suggeriert, es gäbe bei der Frage nach der AfD ein ‚Einerseits‘ und ein ‚Andererseits‘. Das lässt außer Acht, dass die Partei mit Rassismus, Hetze, Ausgrenzung und ‚Remigrations‘-Fantasien verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Sich also gegen das Wesen unserer Demokratie richtet. (…) Die ‚Welt‘ hat sich vor seinen Karren spannen lassen. Die Rolle von Journalismus ist es nicht, jedweder Wahlwerbung eine prominente Bühne zu bieten, schon gar nicht für eine rechtsextreme und im Kern verfassungsfeindliche Partei. (…) Ja, wir müssen in Deutschland eine offene Debatte über die Zukunft unseres Landes führen. Wenn ein rechtslibertärer amerikanischer Milliardär für eine extremistische Partei Wahlwerbung macht, ist das kein Debattenbeitrag – es ist Agitation.“Elon Musk und die AfD 13.23

„Märkische Oderzeitung“

„Man kann Elon Musk für einen machtbesessenen Milliardär halten, der keine Ahnung von deutscher Politik hat. Man kann seine Theorien für völligen Quatsch halten. Was aber keiner machen sollte, ist, ihn zu ignorieren. Denn der Tech-Milliardär hat Macht, Geld und offenbar keine Skrupel. Dieser Mann greift nun in den Bundestagswahlkampf ein. Das ist brandgefährlich. Den Behauptungen Musks können demokratische Kräfte nur mit Fakten entgegentreten. Falschaussagen zu widerlegen, ist anstrengend. Populistische Ansichten verbreiten sich schnell und sind einprägsam. Doch ausländischen Kräften à la Musk das Feld zu überlassen, ist der falsche Weg. Es würde den Demokratie- und Verfassungsfeinden nutzen.“

„Münchner Merkur“

„Wer Meinungsfreiheit will, muss unangenehme Meinungen aushalten. Musks AfD-Wahlwerbung in der ‚Welt‘ fällt darunter, sie bewegt sich im Rahmen unserer Gesetze. Es ist ein schwach argumentierender, holpriger Kommentar, recht dünne Suppe, die meisten Zeitungen hätten solch einen Text schlicht aus journalistischen Gründen jedem Redaktionspraktikanten um die Ohren gehauen. Vielleicht ist der Beitrag genau deshalb erhellend. Jeder Tesla-Fahrer darf fortan bang hoffen, dass Musk besser schraubt als schreibt. Aber: Vom Angstimpuls, dieser Text würde unseren Wahlkampf auf den Kopf stellen, sollten sich alle freimachen.“

„Rhein-Zeitung“

„Elon Musks Analyse fällt nicht fair aus, unterschlägt viele Errungenschaften dieses Landes und ist deutlich zugespitzt. Als Debattenbeitrag zum Zustand der Bundesrepublik muss man den Text aber ernst nehmen. Fatal und gefährlich hingegen ist die Schlussfolgerung des Trump-Freundes. Er sieht die AfD als den ‚letzten Funken Hoffnung für dieses Land‘. Der Wahlaufruf für die AfD disqualifiziert Musks Analyse. Sollte er gar die Rechtspopulisten mit hohen Millionenbeträgen unterstützen wie etwa seinen US-Partner Donald Trump, ist sogar eine Verzerrung der Bundestagswahl zu befürchten.“

„Rhein-Neckar-Zeitung“

„Es gibt Staaten, in denen die Meinungsfreiheit schlicht größer ist als in Deutschland. Die USA gehören dazu. Dort darf jeder offen Nazis idealisieren, den Holocaust leugnen und gegen Migranten hetzen. Strafbar ist das alles nicht. Insofern sollte es nicht weiter verwundern, wenn der reichste Mann der Welt in einer deutschen Zeitung haarsträubende Dinge veröffentlicht und eine Partei anpreist, die unter verschärfter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Das ist für einen wie Elon Musk schlicht normal. Schließlich hat sein Freund Donald Trump im Wahlkampf auch behauptet, in Springfield äßen Migranten Hunde und Katzen. Und gewonnen. In Zeiten der (…) ‚hybriden Kriegsführung‘ wird dem mündigen Bürger nun einmal mehr abverlangt als Gutgläubigkeit. Wenn also ein Milliardär eine Partei lobt, die den Euro abschaffen will, Migranten abschieben und die Energiewende zurückdrehen – dann sollte es eigentlich kein Problem sein, zu erkennen: Elon Musk meint es nicht gut mit Deutschland.“

„Der Spiegel“

„Musk ist mächtig, er hat in Deutschland investiert, hat das Ohr des künftigen US-Präsidenten. Er ist gewiss kein leichter politischer Gegner, aber Demokraten dürfen nicht vor ihm kuschen.

Kommentar Elon Musk regiert Donald Trump 18:18Olaf Scholz, Friedrich Merz, Robert Habeck – sie sollten Musks Manöver als das benennen, was es ist: der dreiste Versuch eines ausländischen Milliardärs, eine demokratische Wahl gemäß eigenen Interessen zu beeinflussen. Wer dieses Land führen will, muss solche Bestrebungen scharf zurückweisen. Die demokratischen Kräfte können Musk stellen, mit Fakten, mit Argumenten. Da ist Musk schwach aufgestellt, wie man nun nachlesen kann.“

„Stuttgarter Nachrichten“

„Elon Musk hat zu allem und jedem eine (schlichte) Meinung. Als reichster Mann der Welt meint er, dass diese für jeden relevant sein sollte. Er interessiert sich null dafür, ob es für einen engen Trump-Vertrauten angemessen ist, in den Wahlkampf einer anderen Nation einzugreifen. Die Wirkung seiner Worte sollte man aber nicht unterschätzen: Hierzulande gibt es viele Menschen, die ihn als visionären Techunternehmer bewundern und seine Haltungen beachtlich finden. Umso befremdlicher ist es, dass eine bekannte Zeitung seine realitätsfremden Einschätzungen im Gewand eines Gastbeitrags veröffentlicht und ihm eine Bühne für substanzlose Wahlpropaganda bietet. Dass  Musk die wirtschaftsfeindliche AfD derart verkennt, lässt sich nur damit erklären, dass er sich mit ihr noch nicht näher befasst hat. Für die ‚Welt am Sonntag‘ ist es ein PR-Coup – aber einer, der für den Springer-Verlag nach hinten losgeht. Dass zugleich eine Gegenrede veröffentlicht wird, kann den journalistischen Tabubruch auch nicht mehr heilen.“

„Süddeutsche Zeitung“

„Wie viel Aufmerksamkeit Elon Musk erzeugen kann, beweisen nicht nur seine Posts zu Deutschland, sondern eben auch der Gastbeitrag in der Welt am Sonntag. Fast alle Medien (inklusive dieses Textes) ließen sich auf Betrachtung, Analyse und Debatte ein. Das Dilemma: Der Nachrichtenwert solch radikaler Meinungsäußerungen des reichsten Unternehmers und eines der mächtigsten Männer der Welt ist zu groß, um sie zu ignorieren. Das hat einen Verstärkereffekt, der in der Aufmerksamkeitsökonomie den rhetorischen Kurswert Elon Musks immer weiter nach oben treibt.“

„Südkurier“

„So viele andere Möglichkeiten hätte es gegeben, etwa ein Interview, immer hätte Musk zu Wort kommen können, seine demokratievergiftenden Ansichten hätten aber gleich eingeordnet werden können. Die ‚Welt‘ hat sich dagegen entschieden, da hilft auch kein daneben gestellter Gegenkommentar. Gefährlich ist, wie die ‚Welt‘ das Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit missbraucht. Sie unterstützt den Irrtum, diese Freiheit müsse bedeuten, erst einmal alles Mögliche verkünden zu dürfen, ohne dass einem widersprochen wird, ob richtig oder falsch. Das Grundgesetz, die Lehre aus Judenhass und Kriegsreden, definiert Meinungsfreiheit gut begründet eben genau nicht so. Nur wer unsere Geschichte missachtet, druckt einen AfD-Wahlaufruf von Elon Musk.“

Weitere Quellen:„Der Spiegel“, „faz.net“, „sueddeutsche.de“.