Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst werden immer wieder Opfer von Gewalt. Nun zeichnet sich in Niedersachsen ein weiterer Anstieg ab. Eine Herausforderung für die Einsatzkräfte: die Silvesternacht.

Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in Niedersachsen müssen in der Silvesternacht wieder mit Übergriffen auf Einsatzkräfte rechnen. „Sorgfältig und umfassend“ bereiteten sie sich daher auf mögliche Einsatzlagen rund um den Jahreswechsel vor, teilte das Innenministerium mit. Auch im Gesamtjahr 2024 zeichnet sich demnach ein Anstieg der Fallzahlen ab. Vor allem Polizeibeamte werden Opfer – Feuerwehr- und andere Rettungskräfte im Vergleich deutlich seltener. Konkrete Fallzahlen für das laufende Jahr liegen bisher aber nicht vor.

2023 wurden nach Angaben des Ministeriums 4.467 Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte verzeichnet und damit eines mehr als im Jahr davor. Binnen sechs Jahren stieg die Gewaltkriminalität gegen Einsatzkräfte damit um rund 40 Prozent. Im Bundesland Bremen wurden 2023 nach Angaben des Innensenators 625 Fälle von Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte registriert – 117 mehr als 2022. 

Angegriffene Einsatzkräfte meist unverletzt

Als die häufigsten Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte listet das niedersächsische Landeskriminalamt Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte auf, gefolgt von Bedrohung. Der Großteil der rund 10.430 angegriffenen niedersächsischen Einsatzkräfte blieb 2023 unverletzt (8.660). 

Die Zahl der Leichtverletzten lag 2023 bei 1.618. Schwerverletzte, die stationär in einem Krankenhaus behandelt werden mussten, gab es im Vorjahr zehn. Wie im Vorjahr gilt auch für 2024: Keine Einsatzkraft wurde bislang tödlich verletzt.

Gefährliche Aktionen in Silvesternacht zu erwarten

Mit Blick auf mögliche Ausschreitungen in der Silvesternacht teilte das niedersächsische Innenministerium mit, dass wie in jedem Jahr mit „unvernünftigen und gefährlichen Aktionen“ vor allem schwer betrunkener Menschen zu rechnen sei. Konkrete Hinweise auf geplante gefährliche Aktionen lägen aber nicht vor. 

In der Silvesternacht vor einem Jahr gab es an mehreren Orten Niedersachsens Angriffe mit Feuerwerkskörpern und auch verletzte Einsatzkräfte. Früheren Angaben zufolge wurden 25 verletzte Frauen und Männer gezählt, darunter 22 Polizeibeamte, 2 Feuerwehrkräfte und eine Rettungskraft. Insgesamt sank die Zahl der Polizeieinsätze zum Jahreswechsel im Vorjahresvergleich leicht: In der Nacht auf den Neujahrstag 2024 gab es 2.757 Einsätze, ein Jahr zuvor waren es 2.956 Einsätze.

Behrens will sich damit nicht abfinden

Innenministerin Daniela Behrens betonte Anfang 2024, sie sei nicht bereit, sich mit der Gewalt gegen Einsatzkräfte abzufinden. „Es gibt keinen Hebel, den ich umlegen kann, um Gewalt abzuschalten“, erklärte die SPD-Politikerin. In Teilen der Bevölkerung gebe es hohe Aggressivität. Wichtig sei, dass es auch zu Strafen komme, sagte sie. Bodycams sollen Polizistinnen und Polizisten besser schützen. Anhand der Aufnahmen der Videokameras können Täter leichter identifiziert werden. 

„Übergriffe auf Einsatzkräfte sind in den letzten Jahren leider immer häufiger zu beobachten“, sagte Behrens. „Sie zeigen einen inakzeptablen Mangel an Respekt gegenüber den Institutionen und Menschen, deren Aufgabe es ist, Bürgerinnen und Bürger zu schützen.“ Vor allem Alkohol verstärke diese Entwicklung: Bei rund der Hälfte der Verdächtigen wurde 2023 eine Alkoholisierung festgestellt. Der überwiegende Teil der Tatverdächtigen war männlich und hatte die deutsche Staatsangehörigkeit. 

Polizei kann „schnell und zielgerichtet“ reagieren

Die hauptberuflichen Feuerwehren und Rettungsdienste verstärkten angesichts der Erfahrungen der Vorjahre das Personal in den Feuer- und Rettungswachen, kündigte das niedersächsische Innenministerium an. Nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes sind erfahrungsgemäß besonders die Städte im Land betroffen. 

Die Gewerkschaft der Polizei erklärte, auf die Einsätze in der Silvesternacht sei die Polizei gut vorbereitet und könne auf mögliche Angriffe oder Ausschreitungen „schnell und zielgerichtet“ reagieren. Eine landesweit sichtbare Präsenz sei aber nur mit entsprechender Personalstärke möglich. 

Der Landesverband privater Rettungsdienst sagte: „Wir haben es schon seit einigen Jahren mit einer gesunkenen Hemmschwelle zu tun.“ Den Einsatzkräften werde „immer mal wieder deutlich weniger Respekt entgegengebracht, als angemessen wäre“. Diese seien zur Deeskalation angehalten und wüssten, wann sie sich eher zurückziehen oder die Polizei um Hilfe bitten sollten. 

Gewalt gegen Einsatzkräfte wird zunehmend angezeigt

Nach Angaben des Innenministeriums wird Gewalt gegen Einsatzkräfte zunehmend angezeigt – und man werde „dies auch zukünftig tun“. Auch die Gewerkschaft der Polizei kündigte an, Verstöße gegen geltende Gesetze – sei es durch Angriffe auf Einsatzkräfte, den unerlaubten Umgang mit Feuerwerk oder andere Straftaten – konsequent zu verfolgen: „Wir appellieren an die Bevölkerung, sich an die Regeln zu halten, damit der Jahreswechsel für alle sicher und friedlich verläuft.“