Die Aktion hat bundesweit für Aufsehen gesorgt: Besucher stören die Christmette und protestieren damit gegen die Kündigung des Domkapellmeisters. Im Januar soll es ein Gespräch geben.

Der Eklat während der Christmette im Freiburger Münster als Protest gegen die Kündigung des langjährigen Domkapellmeisters Boris Böhmann hat vorerst keinen Erfolg. Die Kündigung bleibe vonseiten des Domfabrikfonds als Träger der Dommusik bestehen, teilte die Erzdiözese mit. 

Böhmanns Anwalt erklärte, der Rechtsstreit um die Kündigung sei nach wie vor offen. Elternvertreter der Domsingknaben stärken Böhmann den Rücken. „Ein echter Neuanfang kann nur gelingen, wenn die Kündigung von Prof. Böhmann zurückgenommen wird“, heißt es in einem offenen Brief. 

Die Erzdiözese bleibt dabei, zu den Gründen der Kündigung wegen Daten- und Persönlichkeitsschutzes nichts zu sagen – der Schritt habe eine lange Vorgeschichte, hieß es. 

Christine Mertzlufft, Elternvertreterin der minderjährigen Sänger des Aufbauchors und des Vorchors sagte, am 15. Januar werde es auf Drängen der Eltern hin ein Gespräch geben. Das Gesprächsangebot vom Domfabrikfonds sei schon vor den Ereignissen an Weihnachten erfolgt, teilte ein Sprecher der Erzdiözese mit. Mehrere Medien hatten darüber berichtet.

Gottesdienst unterbrochen

Nach einem Auftritt der Domsingknaben hatten Besucher des von Erzbischof Stephan Burger geleiteten Gottesdienstes an Heiligabend minutenlang applaudiert. Protestrufe waren zu hören. Burger unterbrach die Christmette

Das katholische Fernsehen k-tv schaltete seine Übertragung ab mit dem Verweis: „Wir bitten um Verständnis, dass aufgrund mutwilliger Störung des Gottesdienstes die Übertragung nicht fortgesetzt werden kann.“ Laut k-tv geht das auf eine Entscheidung der Erzdiözese zurück. Erst als sich die Gemüter beruhigt hatten, konnte Burger den Segen einleiten. 

Hintergrund ist der Rauswurf Böhmanns, der die Domsingknaben an Heiligabend dirigiert hatte. Ihm war zu Ende Februar 2025 – nach 22 Jahren im Amt – gekündigt worden. Eine Petition zur Rücknahme der Kündigung verzeichnete im Internet bis Freitagnachmittag rund 2.500 Unterstützende.

„Total verunglückte Kommunikation“ 

„In der Christmette haben die Kinder und Jugendlichen die Gemeinde in ihrem Herzen zutiefst berührt, daher auch der Applaus“, erklärte Mertzlufft. „Den Domsingknaben wurde nicht einmal durch das Domkapitel gedankt. Die total verunglückte Kommunikation der Erzdiözese an Heiligabend empfinden wir als beschämend.“ Zu der frustrierenden Kommunikation der Kirche gehöre auch, „dass das Domkapitel erst die Weihnachtsfeiertage und die Auftritte der Chöre „über die Bühne bringen“ wollte, um dann Gespräche zu führen“. 

Von der Kündigung hätten die Elternvertreter erst vier Monate später über Medien erfahren. „Unser Appell nach Dialog wurde mit den Worten beschieden, Loyalität gegenüber der Erzdiözese zu zeigen.“ Die Eltern hätten seit Wochen vergeblich um einen Gesprächstermin vor Weihnachten gebeten und auf die Dringlichkeit hingewiesen. Eine Interimslösung sei über die Presse verkündet worden, erst dann seien Termine vorgeschlagen worden. 

In dem offenen Brief bewerten die Eltern die Bewertung „mutwillige Störung“ als Affront. Die Diskussion belaste die Kinder und Jugendlichen ohnehin. „Wir fordern die Verantwortlichen der Erzdiözese Freiburg und des Domfabrikfonds ausdrücklich zur Umkehr auf – einem zentralen christlichen Wert, der Einsicht, Verantwortung und Versöhnung einschließt“, heißt es weiter. „Möge diese Weihnachtszeit ein Anlass sein, Brücken zu bauen, statt Gräben zu vertiefen.“ 

Offener Brief auch an den Vatikan

Böhmann sei eine „absolut integre Person“, sagte Mertzlufft der Deutschen Presse-Agentur. Er leiste sehr gute pädagogische Arbeit auf hohem musikalischen Niveau. „Wir halten an Herrn Böhmann fest.“

Ihre Kritik an der Kommunikation durch die Erzdiözese hatten die Elternvertreter vor mehr als einem Monat schon in einem weiteren offenen Brief unter anderem an Burger geäußert. Er ging den Angaben auch etwa an Papst Franziskus und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. 

Kritik der Kirche

Der Domfabrikfonds bezeichnete die Proteste als unangemessen. „Die wiederholte Störung von Gottesdiensten an Heiligabend und Weihnachten ist für Proteste keinesfalls eine geeignete Form.“ Viele Gäste, die mit dem Konflikt nichts zu tun hätten, seien damit mutwillig in den Streit hineingezogen worden. „Der Protest war hier zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten lassen sich nicht auf diese Weise lösen.“

Der Sprecher erklärte, mit dem Livestream habe gemeinsames Gebet ermöglicht, kein Streit in die Welt getragen werden sollen. „Deshalb war die Unterbrechung sinnvoll und geboten.“ Burger sei es nach dem Ende der Störung darum gegangen, die Menschen zu segnen und sie so in eine friedliche Heilige Nacht zu senden. „Dies ist der Kern dessen, was im Münster gefeiert wurde. Eine Kommentierung durch den Erzbischof hätte an dieser Stelle nicht zu einer Entspannung geführt.“

Kündigungsgründe unklar

Die Erzdiözese erläutert die Gründe für die Kündigung nicht – sie seien Teil der gerichtlichen Auseinandersetzungen gewesen. „In der Domsingschule herrschten zahlreiche Konflikte. Es gab immer wieder Versuche von Schlichtungen, die aber allesamt scheiterten.“ Die Kündigung sei der letzte Ausweg gewesen.

Böhmanns Rechtsanwalt Knut Müller erklärte, dass fast zwei Monate nach Verkündung eines Urteils die Urteilsgründe nicht bekannt seien. „Diese werden nach Veröffentlichung geprüft, sodann wird über das weitere Vorgehen entschieden. Bis dahin werden alle weiteren notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet, die helfen, die Rechte unseres Mandanten zu schützen.“ 

Dieser bedanke sich für den großen Zuspruch, den er für seine kirchenmusikalische Leistung aus ganz Deutschland erhalte. Von den Protestaktionen aus der Gemeinde am Ende der Christmette und des Pontifikalamtes am Folgetag sei ihm nichts bekannt gewesen.