Ihre Kritiker lasten Angela Merkel so einige Fehlentscheidungen als Bundeskanzlerin an, doch das beeindruckt sie selbst wenig. Stattdessen übt sie Kritik an ihren Kritikern.

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) hält keine ihrer Entscheidungen in den verschiedenen Krisen während ihrer Amtszeit für einen klaren Fehler. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte sie, sie nehme die Kritik etwa an ihrer Russland-, Flüchtlings-, Corona- und Digitalisierungspolitik zur Kenntnis, aber: „Ich mache keinen Rückzieher von meinen Entscheidungen.“

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sagte sie: „Ich kann aber gut verstehen, dass Menschen, die sehen, was (Kremlchef Wladimir) Putin in der Ukraine anrichtet, mir Fehler vorhalten. Damit muss ich leben.“ Sie habe nach eigener Darstellung während ihrer Amtszeit nicht auf billiges Gas aus Russland verzichtet, weil das der damaligen Wirtschaft geschadet hätte. Ihr sei wichtig gewesen, neben den politischen Kontakten auch die wirtschaftlichen Verbindungen nicht zu kappen. Vor dem Hintergrund zeigte sie sich betrübt, „dass oft der Wille fehlt, sich in die Zeit zurückzuversetzen“.

Merkel Buch Nico 05.52Sie könne hingegen das Gefühl vieler Menschen im Osten, mit Deutschland gehe es bergab wie damals mit der DDR, nachvollziehen. Auf eine entsprechende Frage sagte sie dem RND: „Das jetzige Grundgefühl der Irritation kann ich verstehen. Es ist in den neuen Ländern stärker verankert als in den alten, aber auch dort müssen die Alarmglocken schrillen, dass wir uns anstrengen und uns unseren Wohlstand und unseren Lebensstandard immer wieder neu erarbeiten müssen.“

Angela Merkel und ihre Memoiren

Die Altbundeskanzlerin stellte ihre Memoiren, die sie zusammen mit ihrer langjährigen Vertrauten Beate Baumann unter dem Titel „Freiheit. Erinnerungen 1954 – 2021“ geschrieben hat, am Dienstagabend im Deutschen Theater in Berlin vor. Anders als zu ihrer 16 Jahre langen Amtszeit lässt Merkel an einigen Stellen des Buches Blicke hinter die Kulissen der Politik zu.

stern-Chefkorrespondent Nico Fried war vor Ort. Sein Stück zur Buchvorstellung lesen Sie hier