Ein gutes Verhältnis pflegten Angela Merkel und Donald Trump nie. In ihren Memoiren gibt die Ex-Kanzlerin nun Details darüber preis. Und teilt gegen den US-Präsidenten aus.

Angela Merkel gibt in ihren Memoiren „Freiheit“ tiefe Einblicke in die Denkweise Donald Trumps und in ihr Verhältnis zum ehemaligen und künftigen US-Präsidenten. Demnach betrachtete Trump politische Fragen aus der Sicht eines Bauträgers – jeder Gewinn für einen anderen bedeutete einen Verlust für ihn. „Er beurteilte alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers, der er vor der Politik gewesen war. Jedes Grundstück konnte nur einmal vergeben werden. Bekam er es nicht, bekam es ein anderer. So blickte er auch auf die Welt“, schreibt Merkel.

Trump habe sie im Wahlkampf immer wieder kritisiert und provoziert. Merkel bemühte sich nach eigenen Angaben trotzdem um eine gute Beziehung zwischen den beiden: „(…) meine Pflicht war es, alles für ein auskömmliches Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern zu tun, ohne auf all die Provokationen zu reagieren.“ Beim ersten Aufeinandertreffen mit Donald Trump zeichnete sich jedoch ab, wie schwierig das werden würde.

Erstes Treffen mit Trump im Weißen Haus

„Wir redeten auf zwei unterschiedlichen Ebenen“, schreibt Merkel über den ersten Termin mit Donald Trump im Oval Office. Damals, im Jahr 2017, habe Trump auf der emotionalen und Merkel auf der sachlichen Ebene gesprochen. „Wenn er meinen Argumenten doch einmal Aufmerksamkeit schenkte, dann zumeist nur, um daraus neue Vorhaltungen zu konstruieren“, so die Ex-Kanzlerin. Eine Lösung der Probleme, die sie bei ihrem Besuch im Weißen Haus ansprach, schien laut Merkel nicht Trumps Ziel gewesen zu sein. „Ich schloss aus meinen Gesprächen: Eine gemeinsame Arbeit für eine vernetzte Welt würde es mit Trump nicht geben.“

Merkel Biografie 06.14

Merkel berichtet zudem, dass sich Trump bei dem Treffen von Wladimir Putin beeindruckt zeigte. „Der russische Präsident faszinierte ihn offenbar sehr“, schreibt Merkel. „In den folgenden Jahren hatte ich den Eindruck, dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen.“

Merkel bat den Papst um Rat

Aufgrund von Trumps schwierigem Charakter bat Merkel einmal sogar Papst Franziskus um Hilfe im Umgang mit dem US-Präsidenten. Nach seinem Amtsantritt 2017 drohte Trump an, das Pariser Klimaabkommen zu verlassen. Merkel konsultierte daraufhin das katholische Kirchenoberhaupt und fragte, ohne Namen zu nennen, um Rat im Umgang mit Menschen „mit fundamental unterschiedlichen Meinungen in einer Gruppe von wichtigen Persönlichkeiten.“

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Papst Franziskus habe sofort durchschaut, dass Merkel sich auf Trump und dessen Plan, aus dem Klimaabkommen auszutreten, bezog. „Er ver­stand mich so­fort und ant­wor­te­te mir schnör­kel­los: ‚Bie­gen, bie­gen, bie­gen, aber ach­ten, dass es nicht bricht.‘ Die­ses Bild ge­fiel mir“, schreibt Merkel.

Offizielle Präsentation der Memoiren mit Obama

Laut der Ex-Kanzlerin habe Trump kein Interesse an einer gut funktionieren Weltgemeinschaft gehabt. „Für ihn stan­den al­le Län­der mit­ein­an­der in ei­nem Wett­be­werb, bei dem der Er­folg des ei­nen der Miss­er­folg des an­de­ren war. Er glaub­te nicht, dass durch Ko­ope­ra­ti­on der Wohl­stand al­ler ge­mehrt wer­den konn­te.“

Merkels Memoiren, die sie vor der US-Präsidentschaftswahl fertigstellte, erscheinen am 26. November in über 30 Ländern. Eine Woche darauf wird Merkel das Buch „Freiheit“ in Washington gemeinsam mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama, zu dem sie eine enge politische Beziehung pflegte, der Öffentlichkeit präsentieren.