Ob in der Erde, im Wasser oder in der Luft – Mikroplastik ist überall. Auch im menschlichen Körper konnten die winzigen Kunststoffpartikel schon nachgewiesen werden, jetzt sogar in Penissen. Wie schädlich ist das?

„Plastik in Penis gefunden“ – eine Schlagzeile, die nach einem skurrilen Sexunfall klingt. Aber bei den Kunststoffpartikelfunden, von denen Forschende nun im Fachblatt „IJIR: Your Sexual Medicine Journal“ berichten, handelt es sich um Ablagerungen von Mikroplastik im Körper. Das sind winzig kleine Teilchen, die sich von Plastikprodukten wie Flaschen und Tüten gelöst haben. Genau solche mikroskopisch kleinen Kunststoffpartikel wurden nun zum ersten Mal in Penissen gefunden. Die Proben hatte man fünf Männern während Eingriffe für Penisimplantate entnommen. Wie ist das Plastik in die Penisse gelangt?

Plastik verrottet nicht, aber im Laufe der Zeit können Produkte immer kleiner „geschliffen“ werden. Sogenanntes Mikroplastik entsteht, das sich auf verschiedenen Wegen in der Umwelt ansammelt. So lösen sich beispielsweise bei jedem Waschgang Kunststoffteilchen aus der Kleidung, die übers Abwasser in Kläranlagen gelangen. Mikroplastik findet sich in der Umwelt überall, in der Erde, im Meer, in der Luft, sogar im Schnee. Das Problem: Hinweise mehren sich, dass sich die winzig kleinen Teilchen, sie sind zwischen 5 Millimeter und 1000 Nanometer klein, auch im Menschen ansammeln können.PAID Mikroplastik 14.21

Mikroplastik: Gesundheitsgefahr oder harmlos?

Schon 2022 hatten Forschende aus Amsterdam Mikroplastik im Blut von Menschen nachgewiesen. Anhand der Kunststoffe konnten sie als Quellen von Mikroplastik unter anderem Plastikflaschen, Lebensmittelverpackungen und Plastiktüten ausmachen. Nun haben US-Forscher mit ihren Mikroplastik-Funden in Penissen nachgelegt. Ob und wenn ja, welche Auswirkungen die Kunststoffpartikel im Körper haben, ist noch nicht ausreichend erforscht. Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation in einem Bericht Entwarnung gibt. Partikel größer als 150 Mikrometer würden vom menschlichen Körper nicht aufgenommen, zudem könnten kleinere Kunststoffteilchen wieder ausgeschieden werden. Eine Einschätzung, die in der Forschungswelt auch auf Kritik stieß. Professor Christian Laforsch sagte im stern-Interview: „Mikroplastikpartikel werden von Organismen aufgenommen. Je kleiner ein Partikel ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er vom Verdauungstrakt oder der Lunge ins angrenzende Gewebe übergeht.“

Einige Forschende sind von den Mikroplastik-Funden alarmiert. Sie vermuten, dass Mikroplastik im Körper gesundheitsschädlich sein könnte. Eine Theorie: die Kunststoffteilchen könnten sich in den Organen oder Immunzellen anreichern. Zudem gibt es Befürchtungen, dass durch das Mikroplastik das Risiko für eine Krebserkrankung und auch für Entzündungen, beispielsweise im Darm, steigern könnte. Einige Studien weisen außerdem darauf hin, dass Partikel die Blut-Hirn-Schranke überwinden könnten. Die Blut-Hirn-Schranke ist eine Art natürlicher Schutzwall, der das Gehirn vor schädlichen Stoffen schützt. Eindeutige Beweise für solche Theorien fehlen bisher. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritisiert die Methoden der Studien gar, die Ergebnisse seien mit besonderer Vorsicht zu betrachten.Mikroplastik 10.16

Wenig über Auswirkungen von Mikroplastik im Körper bekannt

Auch die Blut- und Penis-Studien können nur erste Hinweise liefern. Die Studien waren sehr klein. Bei der Blut-Studie lagen Proben von lediglich 22 Probanden vor, bei der Penis-Studie waren es fünf. Studien zu Langzeitfolgen fehlen. Laforsch ordnete ein: „Es wird sicherlich noch einige Jahre dauern, bis wir wissen, welche Effekte Mikroplastik in unserem Körper hervorrufen können.“ Bei Mikroplastik handelt es sich um so winzige Forschungsgegenstände, was die Erforschung extrem schwierig macht. „Quarks“ vergleicht: „Ein Nanopartikel verhält sich zur Größe eines Fußballs etwa so wie ein Fußball zur Größe unseres gesamten Erdballs.“