Falsche Atteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen beschäftigten seit Ende der Pandemie Sachsens Justiz. Seit Februar musste sich eine Hausärztin wegen Hunderter solcher Scheine vor Gericht verantworten.

Eine Hausärztin aus Moritzburg bei Dresden ist wegen gefälschter Corona-Atteste in rund 1000 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Dresden verhängte am Montag zwei Jahre und acht Monate Haft gegen die 67-Jährige, auch wegen Betrugs und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Bei der Hausdurchsuchung war auch ein Elektroschocker gefunden worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Wegen Störungen durch Zwischenrufe und Gesänge Dutzender Sympathisanten der Angeklagten und tumultartiger Szenen ließ der Vorsitzende Richter den Saal vor dem Verlesen der Urteilsbegründung räumen und unterbrach die Sitzung. Bei der Fortsetzung nach anderthalb Stunden hatte sich das Publikum deutlich dezimiert.

Mit dem Strafmaß blieb die Strafkammer deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die vier Jahre und zehn Monate Haft für die Frau beantragt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Die Richter sahen es aber als erwiesen an, dass die Ärztin in der Corona-Pandemie 2021 und 2022 an fünf Sammelterminen im ganzen Bundesgebiet auf Bestellung Atteste ausstellte: lebenslange Befreiungen vom Tragen einer Maske, unbegrenztes Impfverbot und Befreiung von Schnelltests per Nasen-/Rachenabstrich.

Nach Überzeugung des Gerichts ging die Medizinerin „mit hoher krimineller Energie vor“. Sie habe sich gegen die Standards ihres Berufsstandes wie „kein Attest ohne Befund“ hinweggesetzt und sich für die Papiere auch sehr gut bezahlen lassen, laut Gericht im Schnitt 30 Euro pro Stück.

Dutzende nicht abgeholte Scheine belegten, dass die Atteste schon vor den Terminen mit Unterschrift und Praxisstempel ausgefertigt waren, sagte der Vorsitzende Richter und sprach von „reinen Gefälligkeitsattesten“. Bei den Terminen, an denen zwischen 9 Uhr und 22 Uhr bis zu 268 Atteste ausgereicht worden seien, habe es für eingehende Untersuchungen oder die Besprechung von Befunden keine Zeit gegeben.

Die Kammer ordnete die Einziehung der Tat-Erträge von insgesamt knapp 48 000 Euro an, verhängte ein dreijähriges Berufsverbot für die Medizinerin und bestätigte den Haftbefehl, setzte ihn aber gegen Meldeauflagen außer Vollzug. Damit kam die Frau bis zur Rechtskraft des Urteils frei, nach fast 16 Monaten Untersuchungshaft. Ihre Fans empfingen sie mit Sekt und Gesang vor dem Prozessgebäude.