In einem Maskottchen-Kostüm und mit falschen Dokumenten schaffte es Marvin Wildhage direkt ans Spielfeld des EM-Eröffnungsspiels. Dem Youtuber geht es um mehr als nur einen Streich.

Eine Fußball-Meisterschaft ist aus Sicherheits-Perspektive der Ausnahmezustand – das gilt auch für die aktuelle EM 2024. Youtuber Marvin Wildhage zeigte nun, dass das Sicherheits-Konzept trotzdem alles andere als ausgereift ist: Er schlich sich als Maskottchen verkleidet direkt an den Spielfeldrand des Eröffnungsspiels in München. Es ist nur die jüngste von vielen Aktionen dieses Kalibers.

Auf seinem Youtube-Kanal „Marvin“ wimmelt es geradezu von solchen Aktionen. Wildhage brachte schon einen Fake-Film ins Kino, jubelte Influencern falsche Beauty-Produkte unter und kaufte sich sogar einen Doktortitel. Für letzteres wurde er verurteilt. Doch auch das hielt ihn nicht auf: Er ist Überzeugungstäter.

Text Pryotechnik 17.52

Marvin Wildhage: Pranks mit Substanz

Denn anders als viele andere Youtuber geht es Wildhage bei seinen Aktionen nicht nur um alberne Pranks, die Lacher und Klicks bringen. Stattdessen setzt sein Kanal auf eine Mischung aus Jenke von Wilmsdorff und Günter Wallraff in Youtube-Ästhetik. Eines haben seine Clips nämlich fast alle gemein: Sie sollen Missstände aufdecken.

Der Vergleich mit dem Extrem-Reporter und dem Enthüllungs-Journalisten ist nicht aus der Luft gegriffen: Auch Wildhage ist ausgebildeter Journalist. Der 27-Jährige schloss im Jahr 2018 eine Ausbildung an der Axel-Spinger-Akademie ab. Kurz danach machte er erstmals Schlagzeilen: Er hatte dem Youtube-Kollegen „Tanzverbot“ ein Interview mit einem falschen Dieter Bohlen untergejubelt.

Vom Promitalk zum Aufdeckungs-Format

Es war nur die erste spektakuläre Aktion von vielen. Wildhagen schmuggelte sich in Jürgen Kliensmanns Trainer-Debüt beim Hertha BSC, verkaufte Influencern falsche Dinosaurier-Knochen, zeigte wie einfach es ist, falsche Impfausweise zu bekommen und jubelte Medien vermeintliche Schwangerschaftsfotos von Wendler-Freundin Laura Müller unter. Die wurden dann auch veröffentlicht.

Dass Wildhage mal ins Fernsehen wollte, wusste er schon früh: Im Alter von 14 Jahren fing er bereits an, Interviews mit deutschen Promis zu führen, holte sich Klaas Heufer-Umlauf, Ecko Fresh oder Udo Lindenberg vors Mikro. „Bei Konzerten habe ich einfach so lange vor den Hallen oder am Hotel gewartet, bis mal jemand herauskam“, erzählte er der „Hannoverschen Allgemeinen“. 

Die Promi-Interviews dominierten lange seinen Kanal. Erst vor ein paar Jahren kamen die Undercover-Reportagen und Fake-Videos hinzu, die dann immer mehr Raum einnahmen. Dabei muss es nicht immer um große Events oder bekannte Influencer gehen: Viele der jüngsten Videos beschäftigen sich mit Alltagsproblemen wie der Drogenszene in Berlin oder dem Problem des Lachgases. Das wird unter Jugendlichen immer häufiger als Droge missbraucht. 

Erfolgreiches Business

Mit seiner Mischung aus Youtube-Kumpelei und ernsthaften Themen trifft Wildhage einen Nerv: Fast 900.000 Abonnenten hat sein Kanal, manche Videos kommen auf deutlich über drei Millionen Abrufe.

Nur um Aufklärung geht es ihm aber nicht. Auch in seinem Youtube-Clip der EM-Aktion gibt es nicht nur die normale Youtube-Werbung – sondern auch von Wildhage direkt im Clip eingesprochene Sponsoren-Werbung. Aber auch Selfmade-Journalismus ist eben nicht umsonst.

Quellen:Youtube, Hannoversche Allgemeine, Berliner Zeitung