Kurz vor seinem 80. bekräftigt Ex-Kanzler Schröder seine Freundschaft zu Putin. Im Kreml kommt das gut an. Die SPD-Spitze dürfte das weniger freuen. Für die hat Schröder auch eine Botschaft parat.
Auch mehr als zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hält Altkanzler Gerhard Schröder an seiner Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin fest. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur kurz vor seinem 80. Geburtstag begründete er das damit, dass sein guter Draht in den Kreml vielleicht doch noch zu einer Beendigung des Ukraine-Kriegs beitragen könne: „Wir haben über lange Jahre vernünftig zusammengearbeitet. Vielleicht kann das immer noch helfen, eine Verhandlungslösung zu finden, eine andere sehe ich nicht.“
Gleichzeitig machte er in dem Interview klar, dass er sich nicht von der SPD-Spitze aus der Partei ausgrenzen lassen will. „Es gibt immer noch eine Menge Briefe, in denen Leute bestimmte Attacken gegen mich nicht verstehen“, sagte er. „Also insofern glaube ich, dass ich immer noch in der Mitte der Sozialdemokratie lebe und will das auch weitermachen.“
Freundschaft zu Putin: „Eine Dimension, die eine andere ist“
Schröder wird am 7. April 80. Seit seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 ist er mit Putin befreundet und weiterhin für die mehrheitlich russischen Gesellschaften der Nord-Stream-Pipelines durch die Ostsee tätig. Er hat den russischen Angriff auf die Ukraine zwar als „fatale Fehlentscheidung“ bezeichnet, sich aber dennoch nicht von Putin losgesagt. Die SPD-Spitze grenzt ihn deshalb aus, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte aber.
Auf die Frage, warum er trotz Zehntausender Toter und russischer Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg an der Freundschaft mit dem russischen Präsidenten festhalte, antwortete Schröder im dpa-Interview: „Es ist ja so, dass das eine Dimension ist, die eine andere ist.“ Es habe schon einmal so ausgesehen, als könnte diese persönliche Beziehung auch mal hilfreich sein, um ein politisch außerordentlich schwieriges Problem zu lösen. „Und deswegen hielte ich es für völlig falsch, alles vergessen zu machen, was es auch an positiven Ereignissen zwischen uns in der Politik in der Vergangenheit gegeben hat. Das ist nicht meine Art und das tue ich auch nicht.“
Altkanzler nennt Spekulationen über Atomschlag Putins „Quatsch“
Schröder hatte im März 2022 kurz nach der russischen Invasion in der Ukraine versucht, zwischen beiden Seiten zu vermitteln und war dafür zu Gesprächen mit einem ukrainischen Parlamentarier nach Istanbul und von dort nach Moskau gereist. Die Mission scheiterte aber. Heute plädiert Schröder für einen neuen Vermittlungsversuch auf Regierungsebene. „Frankreich und Deutschland müssten dazu die Initiative ergreifen. Dass der Krieg nicht mit einer totalen Niederlage der einen oder anderen Seite enden kann, das liegt doch auf der Hand.“
Die Spekulationen, Putin könnte einen Atomkrieg anzetteln oder ein Nato-Land an der Ostflanke angreifen, bezeichnete Schröder als „Quatsch“. Um eine Eskalation hin zu solchen Szenarien im Keim zu ersticken und die Beunruhigung der Bevölkerung nicht größer werden zu lassen, müsse neben der Unterstützung für die Ukraine ernsthaft über eine Lösung des Konflikts nachgedacht werden, betonte er.
Kreml reagiert erfreut auf Schröders Äußerungen
Der Kreml in Moskau begrüßte die Äußerungen Schröders. Gute, konstruktive Beziehungen auf persönlicher Ebene wie zwischen Putin und Schröder könnten bei der Lösung von Problemen helfen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Putin und Schröder hätten dies zu der Zeit, als Schröder im Amt war, wiederholt gezeigt. „Das hat dabei geholfen, die schwierigsten Fragen zu lösen und die schrittweise Entwicklung in den bilateralen Entwicklungen zu gewährleisten.“
Die SPD-Spitze dürfte weniger erfreut über das erneute Bekenntnis ihres Ex-Parteivorsitzenden zur Freundschaft mit dem Kreml-Chef sein. Die Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken haben jeden Kontakt zu Schröder abgebrochen. Er wird auch nicht mehr – wie für frühere Parteichefs eigentlich üblich – zu SPD-Parteitagen eingeladen. Esken hatte das im vergangenen Jahr mit den Worten begründet: „Ich kann in Gerhard Schröder, den Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden, nicht mehr erkennen. Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt.“
Schröder nimmt Parteiführung „nur begrenzt politisch ernst“
Die Frage, ob ihn die Ausgrenzung verletzte, verneinte Schröder in dem Interview. „Würde meine Frau meinen Geburtstag vergessen, das würde mich verletzen“, sagte er und fragte dann: „Soll ich denn mein prinzipielles Verhältnis zur deutschen Sozialdemokratie, die die älteste demokratische Partei ist, die es in diesem Land je gegeben hat und bleiben wird, abhängig machen von Menschen, die ich nur begrenzt politisch ernst nehmen kann?“
Er beklagte in dem Interview aber, dass auf der Etage im Willy-Brandt-Haus, in der die Vorsitzenden ihre Büros haben, kein Bild mehr von ihm hängt. „Das ist interessant. Da muss die SPD auch vorsichtig sein. Sie wissen, wo das auch der Fall war?“, fragte er, um die Antwort dann selbst zu geben: „In den kommunistischen Parteien der Vergangenheit wurden natürlich die jeweiligen Führer, wenn sie weg waren, mal aus der Geschichte der Partei gestrichen. Also ich glaube, so weit geht die SPD nicht.“
Er werde so lange Sozialdemokrat bleiben, wie man ihn lasse, betonte Schröder. Dass er zu der gegenwärtigen Parteiführung kein besonders enges Verhältnis habe, sei ja bekannt. „Muss man aber auch nicht haben, um Sozialdemokrat bleiben zu können.“