Erstmals zeigt eine Statistik das wahre Ausmaß der Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Die Zahlen sind erschreckend – die politische Untätigkeit auch.

Die Zahlen sind eine Ohrfeige für uns als Gesellschaft, für uns als Frauen: 180.715 Frauen wurden im vergangenen Jahr Opfer häuslicher Gewalt. 400 Frauen – jeden einzelnen Tag – erleiden Gewalt durch ihre Partner. 360 Frauen und Mädchen verloren ihr Leben, – nur – weil sie Frauen waren. Das ist keine Statistik mehr, das ist ein Dokument des Versagens.

Diese erste umfassende Erhebung zu geschlechtsspezifischer Gewalt offenbart ein erschütterndes Muster systematischer Gewalt. Sie zeigt eine Gesellschaft, die trotz aller Lippenbekenntnisse zu Gleichberechtigung und Fortschritt die grundlegendste Aufgabe nicht erfüllt: ihre Bürgerinnen zu schützen.BKA Bundeslagebild Gewalt gegen Frauen nimmt massiv zu 18.06 

Gewalt gegen Frauen explodiert – Politik schaut hilflos zu

Die Zahlen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Hinter jeder einzelnen steht ein Mensch, eine Geschichte, ein zerstörtes Leben. Und viele weitere bleiben im Dunkelfeld verborgen – aus Scham, aus Angst, aus Resignation. Besonders im digitalen Raum explodiert die Gewalt gegen Frauen: In nur fünf Jahren hat sich die Zahl der Übergriffe verdoppelt. Das Internet wird zum Tatort, während die Politik hilflos zuschaut.

Frauenhäuser sind chronisch überfüllt, Schutzeinrichtungen unterfinanziert. „Das Angebot reicht vielerorts bei weitem nicht aus“, gibt selbst Frauenministerin Lisa Paus zu. Eine Bankrotterklärung des Staates, der seine Schutzpflicht nicht ernst genug nimmt. Während monatlich 11.000 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt werden, streiten sich die Parteien um Kompetenzen und Zuständigkeiten.

Die Statistik zeigt auch: Die Zahl explizit frauenfeindlicher Straftaten ist um 56 Prozent gestiegen. Ein alarmierender Trend, der die zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft spiegelt. Dass fast die Hälfte dieser Taten dem rechten Spektrum zuzuordnen ist, offenbart die ideologische Dimension dieser Gewalt.

Anpalagan 18.10Gewalt gegen Frauen ist kein Frauenthema

Wir schreiben das Jahr 2024, und statt Fortschritt sehen wir Rückschritt. Statt Schutz sehen wir steigende Gewalt. Statt entschlossenem Handeln sehen wir politische Lähmung. Die Forderungen liegen seit Jahren auf dem Tisch: mehr Frauenhäuser, besserer Opferschutz, härteres Durchgreifen bei digitaler Gewalt, Präventionsprogramme. 

Dass Frauenministerin Paus nun ein Gewalthilfe-Gesetz ins Kabinett einbringen will, mit Bundesbeteiligung an der Finanzierung von Frauenhäusern ab 2027, kommt spät – zu spät für viele Opfer. Es ist höchste Zeit für einen radikalen Paradigmenwechsel: Gewalt gegen Frauen ist kein Frauenthema. Es ist eine gesellschaftliche Katastrophe, die uns alle angeht. Und sie verlangt endlich Antworten auf eine Frage: Wie viele Frauen müssen noch sterben, bis wir handeln?