Vor Beginn der entscheidenden Phase in den Haushaltsberatungen der Ampel-Koalition zeichnet eine weitere Zuspitzung des seit Monaten andauernden Streits ab. Eine Gruppe von 30 jungen FDP-Bundestagsabgeordneten drohte am Montag offen mit Koalitionsbruch. „Allen muss klar sein: Ohne Schuldenbremse, ohne uns“, sagte der Vorsitzende der Jungen Gruppe in der FDP-Fraktion, Jens Teutrine, der „Bild“-Zeitung. Die SPD zeigt sich indes unbeirrt in ihren Forderungen nach einer Aussetzung der Schuldenbremse.

Die Schuldenbremse diene auch als „Erziehungsmaßnahme für jene Politiker, denen der Respekt vor den arbeitenden Steuerzahlern fehlt und die endlos Steuergeld auf Pump ausgeben wollen“, sagte Teutrine. 

Auch FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel verwahrte sich gegen Kritik an der Schuldenbremse. „Allen Parteien muss klar sein, dass es keine Zumutung für eine Regierung ist, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen“, sagte er dem „Spiegel“. Die Junge Gruppe stellt mit 30 Abgeordneten knapp ein Drittel der FDP-Fraktion. 

Unterstützung bekamen die FDP-Parlamentarier für ihre Initiative von Parteichef und Finanzminister Christian Lindner sowie Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. „Die Junge Gruppe der FDP hat vollkommen recht: Wir müssen investieren, wir müssen mehr tun für die Bildung – aber eben durch Prioritätensetzung, nicht durch Schulden, denn das würde die Jungen ja belasten“, sagte Lindner dem TV-Sender „Welt“. „Ich finde gut, dass sich die jungen Abgeordneten so positionieren“, sagte Djir-Sarai bei einer Pressekonferenz.

Von der SPD kamen indes erneut gegenteilige Forderungen. „Ich möchte ganz klar an die Koalitionspartner appellieren, keine Option vorschnell vom Tisch zu nehmen“, sagte Parteichefin Saskia Esken am Montag. „Das betrifft auch die Möglichkeit, die Schuldenbremse erneut auszusetzen.“ Die Ausnahmeregel von der Schuldenbremse sei „verfassungsmäßiger Teil der Schuldenbremse“. Dass durch den Krieg in der Ukraine eine Notlage herrsche, sei „absolut klar“. 

Zuvor äußerte sich SPD-Parteivize Achim Post ähnlich. „Mit einer einseitigen Sparpolitik lässt sich die Zukunftsfähigkeit unseres Landes jedenfalls nicht gewinnen“, sagte Post mit Blick auf notwendige Investitionen etwa in die Bildungs-, Verkehrs- und Energieinfrastruktur.

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai nannte die Forderungen der SPD „Schuldenpopulismus“, der „gefährlich für die Zukunft und die Entwicklung des Landes und vor allem toxisch für den Wohlstand“ sei. „Es vergeht inzwischen keine Woche oder beinahe schon fast kein Tag, an dem nicht Forderungen dieser Art aus der SPD kommen“, kritisierte Djir-Sarai den Koalitionspartner direkt. „Interessanterweise muss alles in Deutschland nachhaltig sein, aber wir vergessen in der deutschen Politik oft, dass auch Finanzpolitik nachhaltig sein muss.“

Grünen-Chefin Ricarda Lang betonte, „dass wir dauerhaft eine Reform der Schuldenbremse brauchen“. So müsse diese um eine Investitionsklausel ergänzt werden. „Wir werden den Sozialstaat und den sozialen Zusammenhalt in den Verhandlungen verteidigen“, sagte Lang. Sie sagte zu, „in der konkreten Umsetzung zu Kompromissen bereit“ zu sein.

Seit Monaten herrscht angesichts knapper Kassen und der schwachen Konjunktur Streit in der Bundesregierung über den Haushalt für das kommende Jahr. Die Beratungen gehen nun in die entscheidende Phase. Das Bundeskabinett will den Etatplan am 3. Juli verabschieden, damit der Bundestag den Haushalt nach der Sommerpause beraten kann. 

Neben der Schuldenbremse sind unter anderem die Höhe von Sozialleistungen, Infrastrukturinvestitionen sowie die Ausgaben für Verteidigung und Entwicklungsprojekte umstritten. Lindner fordert deutliche Kürzungen in den Budgets mehrerer Ministerien, vor allem des Sozialressorts.

Trotz der Diskussionen zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag optimistisch, dass die Koalition rechtzeitig einen Haushalt aufstellen könne. „Wir haben vor, den Haushalt im Juli zu beschließen“, und es sehe „sehr danach aus“, sagte der Kanzler. SPD-Chefin Esken sagte, sie sei „zuversichtlich“, dass die Regierung zu einer Einigung kommt. Lindner sagte zuletzt, die Koalitionäre hätten „die Landezone noch nicht erreicht“.