In Thüringen gibt es nur wenige Unternehmen und Behörden, die groß genug sind, ein eigenes Essensangebot im Haus anzubieten – viele kleinere Firmen setzen auf einen Mittelweg.

Während sich die meisten Branchen von den Corona-Lockdowns mittlerweile erholt haben, kämpfen Betriebskantinen bis heute mit den Folgen. „Die Branche ist sozusagen ein Kollateral-Schaden der Corona-Pandemie“, sagt Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Thüringen. Weil nach den Lockdowns viele Arbeitnehmer im Home-Office geblieben seien, hätten sich Betriebskantinen vielerorts nur deutlich langsamer erholen können, als andere Geschäftsmodelle. Auch einige Anbieter von Kantinen bestätigen diese Entwicklung.

„Man merkt deutlich, dass besonders montags und freitags weniger Mitarbeiter vor Ort sind“, berichtet Stefan Wöpke, der in Erfurt unter anderem eine mobile Kantine auf dem Gelände des TV_Kanals Kika in Erfurt betreibt. Auch Thomas Günther, der in Jena-Göschwitz eine Kantine für das Leibniz-Institut unterhält, bestätigt diesen Trend. Für die Anbieter erschwere das die Planung, wie viele Essen vorbereitet werden müssten. Grundsätzlich wirkten sich solche Tage negativ auf die Umsätze aus. Gerade an Standorten außerhalb der Innenstädte mit wenig Laufkundschaft sei dieser Trend stark spürbar.

Mehrwertsteuer als Belastung empfunden

Belastend und schwer nachvollziehbar sei zudem die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer, die während der Krise für Speisen auf 7 Prozent gesenkt worden war, auf 19 Prozent. Angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise werde es immer schwieriger, diese Mehrbelastung auszugleichen. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass Mahlzeiten, die mitgenommen werden, geringer besteuert würden als jene, die vor Ort verzehrt werden, so die Caterer. „Wir durchleben schwierige Zeiten“, fasst Wöpke zusammen. „Umso wichtiger wird es, neue Möglichkeiten zu suchen.“ Wöpke und Günther setzen daher etwa auf frische, regionale Speisen und ein angenehmes Umfeld, um Gäste anzuziehen.

„Wurstgulasch geht immer“

Was die Nachfrage der Kunden nach unterschiedlichen Speisen angehe, habe sich in den vergangenen Jahren einiges geändert, sind sich beide einig. „Klassiker wie Schnitzel, Roulade oder Wurstgulasch gehen natürlich immer“, erklärt Wöpke. Während vegetarisches Essen schon länger einen festen Platz im Angebot habe, kämen in jüngerer Zeit immer mehr Anfragen nach veganen Alternativen. Beim Kochen für so viele Gäste sei es allerdings schwer, ganz auf Milchprodukte und ähnliche Zutaten zu verzichten. „Prinzipiell legen die Gäste aber immer mehr Wert auf Qualität und Frische.“

Eigene Kantinen sind die Ausnahmen

Grundsätzlich gebe es in Thüringen ohnehin nur wenige Firmen und Behörden mit einer ausreichenden Größe für eine Betriebskantine. In erster Linie könnten Energieversorger, Ministerien, Krankenhäuser oder andere sehr große Unternehmen und Behörden ihren Mitarbeiter einen solchen Service anbieten. Belastbare Zahlen gebe es zwar keine, aber die Zahl der Anbieter sei im Freistaat seit der Pandemie erkennbar gesunken, so Dehoga-Chef Ellinger. Das Geschäftsmodell habe sich wegen der genannten Entwicklungen für viele Anbieter nicht mehr gelohnt.

Lieferessen als Alternative

Aufgrund der Zusatzkosten und des Aufwands arbeiteten die meisten Unternehmen mit Kantinen- und Catering-Anbietern zusammen, so Ellinger. Die Anbieter profitierten bei dem klassischen Modell etwa durch günstigere Mieten von der Zusammenarbeit und könnten Mahlzeiten so entsprechend günstig anbieten. Als Mittelweg zwischen dem kostenintensiven Essensangebot im Haus setzten viele Firmen in Thüringen auf Essensgutscheine für die Mitarbeiter, mit denen die Kosten für das tägliche Mittagessen reduziert werden können, erklärten die Caterer.