Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat in der laufenden Haushaltsdebatte Einsparungen bei Sozialausgaben gefordert. „Wir wenden Milliarden Euro auf, um Menschen zu unterstützen, die nicht arbeiten“, sagte Lindner dem Portal The Pioneer nach Angaben vom Donnerstag. „Man muss nicht die Schuldenbremse aufheben, sondern muss diese Verteilungspolitik einstellen“. SPD und Grüne kritisierten Lindners Äußerungen.
Die Verhandlungen in der Bundesregierung über den Staatshaushalt für das kommende Jahr gehen in die entscheidende Phase. Das Bundeskabinett will den Etatplan am 3. Juli verabschieden. Lindner verlangt deutliche Kürzungen in den Budgets mehrerer Ministerien und lehnt Forderungen der Koalitionspartner nach einer Lockerung der Schuldenbremse strikt ab.
„Wir haben kein Einnahmeproblem“, sagte der Finanzminister The Pioneer. Es gehe vielmehr darum, „den Haushalt zu verschieben – weg von Konsum und Vergangenheit und hin zu Investition und Zukunft“. Sollten seine Spar-Appelle ungehört verhallen, „dann gibt es keinen verfassungskonformen Haushalt“, mahnte Lindner. Auch zusätzlichen Sondervermögen erteilte er eine klare Absage: „Wir zahlen ja trotzdem dafür Zinsen und wir missachten die europäischen Fiskalregeln“, argumentierte er.
„Der Sozialstaat darf gerade jetzt nicht immer wieder infrage gestellt werden“, sagte SPD-Parteichefin Saskia Esken dem „Tagesspiegel“ am Donnerstag. „Gerade in einer Zeit massiver Unsicherheit und hohen Veränderungsdrucks brauchen die Menschen Signale der Sicherheit und der Orientierung“. Der Sozialstaat müsse „an der Seite der Menschen stehen“.
„Für die SPD ist es ausgeschlossen, den Rotstift beim sozialen Zusammenhalt anzusetzen“, erklärte SPD-Vize Achim Post. „Und wir erwarten Offenheit und Gesprächsbereitschaft in der Frage, wie zusätzliche Finanzmittel mobilisiert werden können.“
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte Lindner scharf. „Es ist unverantwortlich, in wichtigen sozialen Bereichen über Kürzungen zu spekulieren“, sagte sie dem „Tagesspiegel„. „Das verunsichert Menschen unnötig. Und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
Auch über FDP-Forderungen nach einer Streichung oder Einschränkung des Bürgergelds für Geflüchtete aus der Ukraine gibt es weiter Streit zwischen den Liberalen und der SPD. „Das Bürgergeld für Flüchtlinge aus der Ukraine zu streichen, ist purer Populismus. Das würde nichts bringen“, sagte Thüringens Innenminister und SPD-Landeschef Georg Maier dem „Handelsblatt“. SPD-Bundesvorstandsmitglied Sebastian Roloff nannte es „einigermaßen absurd“, zwischen Menschen aus der Ukraine anhand des Ankunftsdatums einen Unterschied zu machen.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte am Montag eine Streichung des Bürgergelds für neu ankommende Geflüchtete aus der Ukraine gefordert. Zuvor hatten sich bereits Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegen die Zahlung von Bürgergeld insbesondere an geflohene Ukrainer im wehrfähigen Alter ausgesprochen.
Teil der Koalitionsgespräche sind auch Pläne von SPD und FDP, stärker gegen Schwarzarbeit bei Bürgergeldempfängern vorzugehen. Unterstützung erhielten sie nun auch vom grünen Koalitionspartner. „Schwarzarbeit kostet die Gesellschaft hunderte Milliarden Euro“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Andreas Audretsch, der „Rheinischen Post“. „Unternehmen, die Menschen schwarz beschäftigen, während sie Bürgergeld beziehen, machen sich strafbar“.