Das Stromnetz in Ecuador wurde jahrlang vernachlässigt. Jetzt bekommt das Land dafür die Quittung für das marode Energiesystem.
Bei einem landesweiten Stromausfall sind Millionen Ecuadorianer von der Energieversorgung abgeschnitten worden. „Es war eine Kettenreaktion. Als bestimmte Kraftwerke ausfielen, kam es zu einem ‚Black Out‘-Effekt: Die Nachfrage nach Energie war plötzlich größer als das Angebot, was zum Zusammenbruch des nationalen Stromnetzes führte“, sagte Energieminister Roberto Luque am Mittwoch. Nach einigen Stunden hatten rund 60 Prozent der Haushalte des südamerikanischen Landes wieder Strom. Am Mittwochabend (Ortszeit) teilte Luque dann mit, 95 Prozent der Energieversorgung seien wiederhergestellt.
Der Stromausfall traf die Ecuadorianer um 15.17 Uhr (22.17 Uhr MESZ) ohne Vorwarnung, insbesondere die Bewohner der Hauptstadt Quito und die Nutzer der dortigen U-Bahn. Tausende Fahrgäste mussten teilweise über die Gleise evakuiert werden. Die Internetversorgung war zeitweise unterbrochen, das Mobilfunknetz gestört.STERN PAID 1_23 Strom Blackout Im Reich der Hochspannung 16.55
Ausfall einer Übertragungsleitung Ursache für Blackout in Ecuador
An Straßenkreuzungen brach nach Ausfall der Ampelanlagen Chaos aus, städtische Mitarbeiter versuchten den Verkehr zu regeln. In der Hafenstadt Guayaquil blieben zahlreiche Menschen in großen Büro- und Wohngebäuden in Fahrstühlen stecken, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
Nach einer Stunde kehrte der Strom in Quito allmählich von einem Stadtteil zum anderen zurück.
Die konkrete Ursache für den landesweiten Stromausfall war laut Luque „ein Ausfall der Übertragungsleitung Milagro Zhoray“. Jahrelang sei „zu wenig in diese Stromsysteme und -netze investiert“ worden „und jetzt bekommen wir die Folgen zu spüren“, erklärte der Minister, dessen Regierung sei November im Amt ist. „Der Vorfall zeigt, dass das ecuadorianische Energiesystem in der Krise steckt. Sie wurde durch fehlende Investitionen in die Instandhaltung und den Aufbau von Stromleitungen verursacht.“ Die Energiekrise habe mehrere Aspekte: Im April habe es Probleme bei der Erzeugung gegeben, jetzt seien es Probleme bei der Übertragung.
Dürre sorgte im April bereits für Stromausfälle
Im April hatte die ecuadorianische Regierung wegen Engpässen bei der Stromversorgung den Notstand ausgerufen. Zur Rationierung der Energie wurde in den verschiedenen Regionen des Landes jeweils für mehrere Stunden der Strom abgeschaltet. Wegen einer heftigen Dürre wurden in den Stauseen der Region historische Tiefstände registriert. Ecuador gewinnt 78 Prozent seines Stroms aus Wasserkraft. Die Stromausfälle hörten im Mai mit der Rückkehr der Regenfälle auf.