Das Franziskaner-Kloster in Würzburg hat eine Aufarbeitung von Missbrauch in den eigenen Reihen beauftragt. Ein Bericht beleuchtet nun zahlreiche Fälle – und zeigt jahrelanges Wegschauen.

Ein Untersuchungsbericht hat zahlreiche Missbrauchsfälle durch die Ordensbrüder des Franziskaner-Minoritenklosters in Würzburg aufgezeigt. Neun Brüdern wird laut dem Bericht sexualisierte Gewalt vorgeworfen, ein Großteil der Fälle zwischen Anfang der 1960er und Ende der 1980er Jahre soll von nur drei Brüdern begangen worden sein. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

Für die Untersuchung im Auftrag der Franziskaner führten die auf Aufarbeitung von Missbrauch spezialisierten Anwältinnen Petra Ladenburger und Martina Lörsch zwischen Oktober 2022 und Juni 2024 rund 40 Gespräche mit Beteiligten, Betroffenen und Zeugen. Zwei Beschuldigte hätten dabei ein Gespräch verweigert, drei Beschuldigte seien interviewt worden.

Die Beschuldigten sollen Jungen und Mädchen zwischen 10 und 18 Jahren wie auch junge Erwachsene zum Teil über Jahre missbraucht haben. Zahlreiche Fälle wären laut Bericht zum damaligen Zeitpunkt strafbar gewesen, gegen die Leitlinien der Ordenskonferenz verstießen sie demnach alle.

Betroffene leiden bis heute

Viele der Betroffenen leiden dem Bericht zufolge bis heute an der Folgen des Missbrauchs. So beschrieben sie etwa Auswirkungen wie Depression, Beziehungsprobleme, Panikattacken oder Gefühle von Einsamkeit.

Die Verantwortlichen des Ordens sollen zwischen 1971 und 2020 immer wieder von Missbrauchsfällen erfahren haben. Deren Umgang damit sei bis auf zwei Ausnahmen im Jahr 2002 aber vor allem durch Vertuschung, Verharmlosung, Hilflosigkeit und Desinteresse gekennzeichnet gewesen.

Zur Ermöglichung des Missbrauchs schreiben die Anwältinnen zu den drei Hauptbeschuldigten, sie würden als charismatische Persönlichkeiten mit einer großen Strahlkraft beschrieben. „Hierdurch und durch ihre große Beliebtheit außerhalb des Ordens konnten sie sich einen Nimbus der Unangreifbarkeit geben.“

„Unkultur des Schweigens durchbrechen“

Provinzialminister Bruder Andreas Murk teilte zu der Untersuchung mit: „Sofern es nach solchen Verbrechen überhaupt Gerechtigkeit geben kann, so hoffen wir, dass diese Untersuchung auch denjenigen hilft, die aufgrund der Taten einiger und des zu langen Wegschauens anderer in ihrem Leben geschädigt wurden.“ Die Aufarbeitung habe geholfen, „eine Unkultur des Schweigens zu durchbrechen.“ Es werde eine bleibende Herausforderung sein, Strukturen zu schaffen und jeweils neu anzupassen, damit potenzielle Täter keine Chance haben.

In einem Jahr möchte das Franziskaner-Kloster demnach eine erste Bilanz ziehen und prüfen, ob der Schutz der ihr anvertrauten Menschen verbessert wurde.

Im Würzburger Kloster leben derzeit 40 Brüder in 6 Konventen. Sie sind unter anderem auch im Kloster Schwarzenberg bei Scheinfeld, im Kloster Maria Eck im Chiemgau und im Kloster Schönau bei Gemünden am Main tätig. Früher bestanden auch Konvente in Bonn und Ratingen in Nordrhein-Westfalen.

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