Die erste Niederlage im 39. Pflichtspiel der Saison lag lange in der Luft. Doch dann drehte Bayer Leverkusen wieder einmal das Spiel.
Als die Bayern zur Primetime ihre Nerven verloren, waren die So-gut-wie-Meister von Bayer Leverkusen längst zum Alltag übergegangen. „Es ist wieder ein Spiel weniger, deshalb ist die Situation wieder etwas besser“, sagte Trainer Xabi Alonso nach diesen sehr besonderen 28 Stunden für den lange als Vizekusen verhöhnten Clubs. Am Freitag hatte Alonso verkündet, bei Bayer zu bleiben, am Samstagnachmittag folgte ein emotionales 2:1 gegen die TSG Hoffenheim, ehe die Verfolger aus München am Abend gegen Borussia Dortmund verloren. Der Titel in der Fußball-Bundesliga ist Bayer kaum mehr zu nehmen.
„Sehr speziell“ seien seine Emotionen an diesem Samstag, sagte Alonso noch vor dem Münchner 0:2 gegen den BVB. Trainerkollege Thomas Tuchel schickte wenige Stunden später frustriert erste vorzeitige Glückwünsche des FC Bayern nach Leverkusen. Die Münchner hatten bei der Ankunft in der eigenen Arena mitbekommen, dass Bayer schon wieder ein Spiel in den Schlussminuten gedreht hatte.
Der Club-Chef fiebert mit
Patrik Schick hatte in Leverkusen mit seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit einen enormen Gefühlsrausch ausgelöst und auch Fernando Carro sichtlich mitgenommen. „Mein Herz macht das nicht mehr lange mit“, sagte der Club-Chef lachend. Bayer reist mit 13 Punkten Vorsprung zum Spiel beim 1. FC Union Berlin am kommenden Wochenende, bei optimalem Verlauf aus Leverkusener Sicht könnte der Titelgewinn bereits eine Woche später vor dem Spiel gegen Werder Bremen feststehen.
Wenige Schritte bis zum Titel
„Es ist noch ein bisschen was zu tun“, sagte Alonso zur Meister-Frage. Die Meisterschaft doch noch zu verspielen, erscheint nur theoretisch möglich – besonders bei einer Mannschaft, die in 39 Pflichtspielen dieser Saison nicht zu schlagen war. In der Bundesliga ließ Bayer in 27 Partien nur acht Punkte liegen. Dazu kommt der Last-Minute-Faktor wie gegen Hoffenheim. „Das war wieder ein weiterer Meilenstein“, sagte Robert Andrich, der eine Kombination mit Florian Wirtz und Jonathan Tah zum Ausgleich in der 88. Minute genutzt hatte.
Große Entwicklung auch bei den Fans
Die Tausenden Bayer-Fans jubelten. Auch um das Erfolgsteam herum hat sich etwas entwickelt. Machten sich die gegnerischen Fans einst jahrelang darüber lustig, dass Leverkusen die heimische Arena oft nicht voll bekommt und nur wenige Anhänger zu Auswärtsspielen reisten, so sind Tickets für Bayer-Spiele inzwischen frühzeitig ausverkauft. Und die Stimmung in der BayArena ist inzwischen so besonders, dass sogar der weit gereiste Alonso beeindruckt ist.
„Diese Verbindung zu den Fans ist sehr speziell. Sie sind ein Teil dieses Sieges. Und für mich ein Grund, hier zu arbeiten, damit sie etwas zu feiern haben“, sagte er. Nach seinem Treue-Bekenntnis vom Karfreitag wurden an den Eingängen „Danke Xabi“-Schals verkauft, auf den Rängen gab es zahlreiche Plakate mit den Namen des Trainers und Herzen zu sehen. Bei Verkündung der Aufstellung wurde der Coach nochmal extra laut gefeiert.
Bei der internen Verkündung seines Verbleibs am Freitagmorgen habe ihm die Mannschaft „natürlich applaudiert“, sagte Schick, der mit dem Siegtor gegen Hoffenheim schon sein viertes Pflichtspieltor in der Nachspielzeit erzielte – alleine im März. „Wir haben diese schöne Saison, diese unglaubliche Serie. Und es wäre nicht schön gewesen, wenn er nach der Saison gehen würde.“
Andrich berichtete, Alonso habe „ganz trocken mitgeteilt, dass er nirgendwo hingeht. Wir haben uns gefreut. Jetzt haben wir einen Haken dran, dass er noch eine Saison bleibt. Jetzt wollen wir gemeinsam noch einiges erreichen.“